Unterwegs rings um Santiago de Compostela
In Santiago de Compostela

Tag 33 (Karfreitag, 7.4.2023) in Santiago de Compostela

Die dicken Vorhänge vor den Schlafkojen verleiten zu langem Schlaf. Ich bin um halb acht aufgestanden und war einer der ersten. Zwei Mädels sind erst um 4.30 Ihr gekommen, unter anderem das Mädel über mir, welches die sehr nützlichen Blechwände um die Koje herum für eine Trommel gehalten hat. Auf dem Weg in die Stadt habe ich bei der Bar gehalten, wo es die Pfännchen zum Bier gibt, denn die haben auch leckere belegte Brötchen: Koch­schinken, Ei und Tomate für 1,50 €. Durch ein paar noch unbekannte Gassen streichend bin ich zum Platz hinter der Kathedrale (Praza da Quintana) gelaufen, wo die 11 Uhr-Prozession starten sollte. Ich war pünktlich da und konnte noch die verschiedenen Figuren inspizieren, die zum Einsatz kommen sollten. Zur genannten Zeit begann ein Pfarrer eine recht umfäng­liche Predigt, die vermutlich die Ostergeschichte enthielt, denn immer wenn eine der figürlich dargestellten Personen genannt wurde, trugen die Kapuzenmänner das jeweilige Podest auf den Platz, der mittlerweile in der Sonne lag. Als dort alle versammelt waren, setzte die Musik ein und formierte sich wieder ein Prozessionszug, der durch verschiedene Gassen zog. Auch dieser zog wieder durch die Gasse, in der ich am Dienstag Quartier bezogen hatte. Das hätte ich mal behalten sollen, denn das Fenster von meinem Zimmer 102 öffnete zu dieser Gasse und von dort hätte man einen tollen Blick auf die Prozession gehabt.

Zum Mittag habe ich mir in einem Restaurant „Piementos do Padron“ (kleine gegrillte Paprikaschoten mit grobem Salz) kommen lassen. Die mag ich sehr. Dann habe ich mich an die Einflugschneise der Pilger gesetzt, da es mir großen Spaß macht, die ankommenden Pilger zu beobachten und jene, die Kathedralenplatz und Pilgerbüro schon hinter sich haben. Prompt laufen mir da Hubert und Caroline über den Weg, die gerade aus Fisterra wiedergekommen sind. Die waren einen Tag nach mir dort, auch mit dem Bus und über Nacht. Sie haben gestern Abend in Fisterra eine Prozession miterlebt, die wohl sehr eindrucksvoll war. Den entsprechenden Aushang habe ich am Tag zuvor fotografiert und ihnen geschickt. Wir waren zusammen nochmal in der Kathedrale, dann wollten die Beiden ins Kathedralenmuseum. Ich habe mich stattdessen in die Gasse gesetzt, die zum Pilgerbüro führt. Da müssen alle lang, die ankommen oder zu ihren Quartieren strömen. Ich hatte gehofft, noch jemand Bekanntes zu treffen. Aber es ist ja letztlich nur eine Handvoll Leute, die da noch ausstehen. Sehr gefreut hätte ich mich, wenn mir Marina über den Weg gelaufen wäre, mit der ich an den ersten beiden Tagen jeweils ein Stück gelaufen bin. Dann hätte ich gewusst, dass sie es trotz ihrer gesundheitlichen Probleme geschafft hat. Ich wünsche es ihr so sehr. Aber wenn sie ihren ehrgeizigen 31-Tage-Plan durchgezogen hat, dann war sie schon am Mittwoch hier und ist jetzt vielleicht schon zuhause.

Auf dem Camino Francés bin ich im vorigen Jahr viel mehr Leuten begegnet (10 mal so viele laufen diesen Weg), da ist man hier in der Stadt laufend auf jemand getroffen, mit dem man mal unterwegs war. Aber viele fremde Pilger freuen sich und grüßen, wenn man ihnen einen aufmunternden Blick zuwirft oder als Lob ein Daumen hoch zeigt. Man ist doch innerlich verbunden, auch wenn man sich noch nicht kennt. Das ist ein schönes Gefühl.

Nach dem Mittag bin ich eine Weile ziel- und planlos durch die Stadt gelaufen und habe dort viele nette Ecken entdeckt, zum Beispiel den Alameda-Park westlich des Stadtzentrums, der gut besucht war. Außerdem habe ich viele Kirchen besichtigt, denn am Karfreitag waren mal fast alle offen. Die Kühle in den Gemäuern hat gut getan bei den 23…24 Grad und brennen­der Sonne draußen auf der Straße. Abends um sechs und um acht gab es wieder Prozes­sionen, die ich mir angeschaut habe, die letzte um elf habe ich mir aber verkniffen, weil ich ja auch mal schlafen wollte. Das ganze Programm von gestern wäre wie folgt gewesen:
- 11:00 am. Praza da Quintana. Procession of „The Holly Encounter“
- 6:00 pm. Campo da Angustia. Procession of „La Quinta Angustia“
- 8:00 pm. Campo de San Domingos de Bonaval. Procession of „The Holy Burial“
- 11:00 pm. Igrexa de Santa María Salomé. Procession of „La Virgen de la Soledad“

Dazu dann noch zwei Gottesdienste in der Kathedrale, die sich aber mit den Prozessionen überschnitten haben:
- 12:00 h. Celebración comunitaria de la Penitencia
- 18.00 h. Celebración Litúrgica de la Pasión. Preside Sr. Arzobispo

Bis Samstag abend ist dann, was Prozessionen betrifft, Ruhe. Das werde ich für einen Ausflug nutzen.

Rings um Santiago de Compostela - Tag 33