Unterwegs auf der Via de la Plata und dem Camino Sanabrés von Sevilla nach Santiago de Compostela
Tag 38 (Mi, 3.4.2024) Cea - Lalin / 28,5 km
Heute musste mal wieder die Etappe der Herbergssituation angepasst werden. Eigentlich stand eine mit 15 km sehr kurze Etappe von Cea nach O Castro auf dem Programm, aber in O Castro gibt es gar keine Herberge, sondern nur ein 30 €-Hostel. Da musste ich halt noch etwas ran hängen. Angeboten haben sich da als Ziel die jeweils ca. 20 km hinter O Castro liegenden Orte A Laxe und Lalin, in denen es Herbergen gibt. A Laxe liegt direkt auf dem Camino Sanabrés, ist aber ein winziges Kaff. Lalin ist hingegen mit 20.000 Einwohnern schon bald eine Großstadt, wo man keine Probleme mit der Futterbeschaffung hat und sich vielleicht sogar was anschauen kann. Ich habe Lalin gewählt, denn für diesen Ort sprach außerdem, dass man da auch per Fernstraße hinkommt, während man nach A Laxe Feld- und Waldwege nutzen muss, wenn man keine allzu großen Umwege machen will. Ich habe heute mal wieder einen solchen, von Natursteinmauern eingefassten Weg probiert und bin nach hundert Metern umgekehrt, weil der recht steil bergab führende, felsige Weg mit einer dicken Laubschicht bedeckt war, auf der man sehr leicht ins Rutschen kam. Das muss ich mir nicht antun. Jetzt, wo ich es fast geschafft habe, will ich auch den Rest noch heil überstehen. Außerdem hat es wieder den halben Tag geregnet und da kommt auf solchen Wegen immer noch das Tänzeln um die Pfützen dazu. Also bin ich auf der Straße geblieben, sofern nicht der parallel verlaufende und immer wieder kreuzende Camino einen vernünftigen Belag hatte. Von der Landschaft sieht man auf der Straße genau so viel oder wenig wie vom Feldweg aus. Heute war da streckenweise nur eine Nebelwand zu sehen.
Viele Einkehrmöglichkeiten gab es auch heute nicht. Es war schon nach zwölf, als sich die erste Bar fand, in der es aber nichts zu essen gab und man auf das Regal mit den Kartoffelchips verwiesen wurde. Da habe ich aber tapfer widerstanden. Drei Stunden später, schon fast am Ziel, gab es zumindest ein Schälchen Bohnensuppe zum Bier dazu. In Lalin angekommen habe ich über die Größe der Stadt gestaunt und prompt Probleme gehabt, die Herberge zu finden. Die war nämlich in der Karte falsch verzeichnet und das Suchen nach einer bestimmten Adresse gestaltet sich hier schwierig. Das System, nach dem hier die Straßenschilder montiert sind, muss man erstmal verstehen. Wenn hier an einer Kreuzung ein Schild „Straße Sowieso“ in eine Querstraße zeigt, dann heißt nicht die Querstraße „Sowieso“, sondern die Straße, auf der man sich befindet. Man bekommt also an jeder Kreuzung leicht sichtbar in Erinnerung gerufen, auf welcher Straße man unterwegs ist. Will man hingegen wissen, wie die Querstraße heißt, in die man evtl. abbiegen will, dann muss man bis mitten auf die Kreuzung treten oder fahren, um das längs zur eigenen Lauf- oder Fahrtrichtung, also rechtwinklig zur Querstraße stehende Schild mit deren Namen lesen zu können. (So kompliziert wie das hier beschrieben ist, ist es auch in der Wirklichkeit!)
Irgendwie habe ich dann aber die „Straße am Observatorium“ und dort die Nummer 8 gefunden. Da tat sich dann aber das nächste Problem auf, denn diese Nummer ist der Eingang einer Ladenpassage, wo einige Türen zur Auswahl standen. Da traf es sich gut, dass in einem Laden ein Pilger-Informationsstand ist, in dem ein freundlicher Herr kunstvolle Stempel inkl. Siegel in den Pilgerpass verabreicht, T-Shirts, Aufnäher, Tassen mit Pilger­motiven, Camino-Bücher etc. verkauft und Interessenten (wenn sie Spanisch können), auch berät. Der nette Herr hat mir die richtige Tür gezeigt und freundlicherweise auch den Hospitalero angerufen, der ein paar Minuten später kam, mich in den zweiten Stock führte und mir dort für meine 15 € ein Bett zuwies. Leider eins im Oberdeck, denn ein 8er Schlafraum war durch zwei oder drei Familien mit Kindern belegt, in einem Doppelzimmer war ein spanisches Paar und im 6er Schlafraum waren die drei unteren Betten schon von Pilgern in meinem Alter belegt - einem Koreaner, der sich am liebsten den ganzen Abend unterhalten hätte, und zwei Herren, die den Mund nicht aufbekommen.
Da hier in der privaten Herberge eine gut ausgestattete Küche ist (wenn man das mobile Ceranfeld im Schrank findet), habe ich mich nach meinem Stadtbummel im Supermarkt (Gadis) mit Zutaten fürs Abendbrot eingedeckt. Als ich mir dann Suppe und Salat zubereitet habe, gesellte sich der Koreaner zu mir und erzählte und fragte mittels Übersetzungs­programm, das mitunter sehr spaßige Sätze auswarf. Er ist übrigens 65, ist etwa zeitgleich mit mir in Sevilla gestartet und läuft den Weg zum zweiten Mal. Er ist völlig über das Wetter verwundert, denn im vorigen Jahr hat es auf seinem Weg nicht einen Tag geregnet. Kaum war er im Zimmer verschwunden, kam das spanische Paar, setzte sich an den Nachbartisch und zückte die Spielkarten. Da ist ja nichts gegen einzuwenden, aber die beiden husteten unentwegt, so dass ich schon dachte, dafür gibt es bei dem Kartenspiel Sonderpunkte. Da die nicht auf die Idee kamen, in ihrem Zimmer Karten zu spielen und abzuhusten, habe ich mich verzogen - erst in den kleinen Aufenthaltsraum, wo aber die Heizung nichts von sich gegeben hat. Das ist eine von der Sorte, die man programmieren kann. Wenn man aber nicht weiß, wie das geht, ist da schnell Blödsinn eingestellt. Und wenn da hintereinander zehn oder mehr Unwissende auf den Tasten rumgeklimpert haben, dann heizt das Gerät Ende August nachts von zwei bis vier, aber nicht in der nächsten Stunde. Also ab ins Bett. Dicht unter der Zimmerdecke ist es immer schön warm - und Dank der ausliegenden Wander­socken ist die Luft sehr aromatisch.

Via de la Plata - Tag 38