Heute, am 28. Oktober 2021 habe ich vor, die Etappe Mühlenbeck-Hennigsdorf des Jakobsweges zu laufen und zwar so, wie er in der Karte ausgewiesen ist.
Ich starte am S-Bahnhof Mühlenbeck-Mönchmühle.
Vom dort geht es auf der Kastanienallee zur ehemaligen Mönchmühle am Tegeler Fließ, die 1234 von Zisterzienser­mönchen gegründet wurde und bis 1973 in Betrieb war.
An der denkmalgeschützten Mühle, bei der sich noch ein Mühlrad im Wasser dreht, findet sich in einer Fensterhöhle ein geschnitztes Relief mit Müllereimotiven und „Glück zu“.
Eine geschnitzte Tür, auf der zwei Männer mit einem Mehl­sack auf dem Rücken zu sehen sind, trägt die Jahreszahl 1224. Einer der Männer hat einen großen Schlüssel am Gurt, der andere ein Kreuz. Vermutlich sind das Müller und Mönch.
Ein gläserner Anbau dient als Eingang zur Gaststätte, die gut zu laufen scheint, aber so früh am Tag noch zu ist.
Von der Mönchmühle geht es laut Karte nach einem Stück auf der Mönchmühlenstraße rechts ab in die Schillerstraße und hinter der Mühlenbeckerstraße auf der Mittelstraße nach Katharinensee und von dort im Zickzack nach Süden.
Ich habe aber nicht richtig auf die Karte geschaut und bin die Mönchmühlenstraße immer geradeaus durch eine locker bebaute Siedlung gelaufen und dann übers Feld, vorbei an Pferdekoppeln zur Gabelung der Hauptstraße von Schildow.
Die herbstlich gefärbten Bäume am Straßenrand und die vermeintlich richtige Richtung haben bei mir nicht den Gedanken aufkommen lassen, dass ich falsch sein könnte.
Erst als ich an dem neuen Hotel an der Mühlenbecker Straße eine kurze Pause mache und in die Karte schaue, bemerke ich, dass ich fast einen Kilometer zu weit südlich gelandet bin. Ich bin da, wo sich die Hauptstraße von Schildow in die Schönfließer und die Mühlenbecker Straße gabelt.
Statt in Richtung Norden auf den „richtigen“ Weg zu wechseln und kurz darauf auf diesem Im Zickzack wieder nach Süden zu laufen, beschließe ich, den auf der Bahnhofstraße nach Westen führenden Weg mit dem gelben Punkt zu nehmen.
Gleich hinter dem Bahnhof biegt der Weg links ab in ein neues Wohngebiet, in dem ich mich erst einmal verlaufe, bis ich wieder auf dem richtigen Weg, der parallel zum Kleinluch­graben bzw. zum Kindelfließ verlaufenden Ringstraße bin.
Das Wohngebiet hat es mir angetan. Hier wurden die Straßen nicht im Schachbrettmuster, sondern in weiten Bögen ange­legt und ordentlich gepflastert. Auf Verkehrsinseln hat man Regenwasserbecken angelegt und reichlich Bäume gepflanzt.
Ob die Kaffeekanne voll und für mich bestimmt war, weiß ich nicht. Ich habe nicht nachgeschaut, weil die Tasse fehlte.
Zwischen der Ringstraße und den genannten Gräben sind große Wiesen und Weideflächen, auf denen Pferde die Weite genießen. Diesen Anblick kann nun wiederum der Wanderer genießen, wenn er sich auf einer der Bänke niederlässt.
Kurz bevor die Ringstraße auf die Hermsdorfer Straße trifft, kommt von rechts der „richtige“ Jakobsweg.
Der Blick auf die Karte zeigt, dass ich unbeabsichtigt ordentlich abgekürzt habe.
Vermutlich sind mir dabei viele schöne Ecken des Natur­schutzgebietes Bayernsee entgangen, aber das nächste Schutzgebiet folgt gleich.
Auf der Hermsdorfer Straße, die das Naturschutzgebiet „Eichwerder Moorwiesen“ durchschneidet und durch eine schon etwas betagte Siedlung führt, geht es wider Erwarten nach links (Osten), vorbei am Hotel „Normandie“ und erst am Ende der Straße nach Süden.
Der Weg überquert wieder das hier stark mäandernde Tegeler Fließ und damit die Berliner Stadtgrenze. Hier verlief also die Grenze zwischen „Ost“ und „West“.
Der Einfachheit halber hat Erich die Mauer nicht dem Fließ folgen lassen, sondern nördlich davon geradeaus gebaut, was am noch vorhandenen Postenweg erkennbar ist.
Der Jakobsweg passiert dann den Köppchensee, führt über Wiesen zum Schildower Weg und biegt dort rechts ein, um endlich in westlicher Richtung zu verlaufen. Bis zum Schildower Weg ist das ebenfalls ein Mauerweg, denn an der Brücke über das Fließ machte die Mauer einen Knick und verlief ein ganzes Stück in Richtung Süden.
Es geht vorbei an der „Osterquelle“, eine der „Sprintquellen“, und an allen möglichen „Sprintgräben“, die das Naturschutz­gebiet „Niedermoorwiesen am Tegeler Fließ“ durchziehen.
Mittendrin in den „Sprintwiesen“ liegt der „Sprintwiesenteich“, an dessen Ufer man sicher „Natur pur“ erleben kann, jetzt auch ohne Blick auf die Mauer jenseits der Wiesen.
Vor Lübars laufen verschiedene Wanderwege zusammen.
Der Jakobsweg, der hier (in Berlin) erstmals ausgeschildert ist, verläuft bis nach Tegel auf dem „Grünen Hauptweg 13“, markiert durch einen hellblauen Balken mit einer „13“ drauf. Der „Grüne Hauptweg 4“ verläuft in meinem Rücken auf dem Mauerweg, den ich gerade verlassen habe, nach Rosenthal.
An der Blankenfelder Chaussee angekommen, geht es nach rechts und ein paar Meter weiter, der Straße folgend nach links, wo die Straße „Alt-Lübars“ einen Anger einschließt.
Auf dem Anger steht die Dorfkirche von Lübars, umgeben von ein paar Grabsteinen eines ehemaligen Friedhofs, darunter der des Gutsbesitzers Carl Friedrich Rosentreter (1821-91).
Die barocke Dorfkirche ist aus dem Jahre 1793, wie die Wetterfahne auf der Kirchturmspitze verrät. Es ist eine schlichte Saalkirche mit einem vorgelagerten Turm. Die zuvor dort stehende, vermutlich nach dem Dreißigjährigen Krieg gebaute Fachwerkkirche war 1790 abgebrannt.
Der aktuelle Schmuck ist dem Erntedankfest geschuldet.
Auf dem Anger steht auch die inzwischen sehr stattliche, 1872 gepflanzte Kaiser- und Friedenseiche.
Eine Tafel von 1897 erinnert an deren Pflanzung und die Gründung des Lübarser Schützenvereins 25 Jahre zuvor.
Wie die anderen Bäume auf dem Anger und entlang der Straße trägt die Eiche herrliches, bunt gefärbtes Herbstlaub.
Lübars wurde angeblich 1230 gegründet und gehörte zum Kloster in Spandau. 1247 wird der Ort erstmals urkundlich erwähnt, im Landbuch von Kaiser Karl IV. sind 28 Hufen ausgewiesen, das sind etwa halb so viele wie in Mehrow (52).
Ursprünglich gehörte Lübars zum Kreis Niederbarnim, 1920 wurde es nach Berlin (-Reinickendorf) eingemeindet.
„Gasthaus und Ausspannung 'Alter Dorfkrug'“ (links oben) laden noch heute zum Besuch ein. Ebenso eine schöne alte Telefonzelle, die noch als solche im Betrieb zu sein scheint, aber vorrangig als Bücherbox genutzt wird.
Einige der Gehöfte ringsum haben mit Pferden zu tun, wes­halb Lübars vor allem bei jungen Mädchen sehr beliebt ist.
Zu Zeiten der Mauer war Lübars ein ganz besonderes Ausflugsziel der Westberliner, denn mit seinem erhalten gebliebenen Dorfcharakter bot es einen krassen Gegensatz zu den Wohnsiedlungen der Großstadt und war sehr leicht mit dem BVG-Bus zu erreichen.
Daran hat sich nur geändert, dass jetzt auch ein paar andere Dörfer im Umland für die Westberliner erreichbar sind, wobei aber keines so ursprünglich ist wie Lübars.
Die weiten Wiesen beidseits des Tegeler Fließ im Norden und Westen von Lübars, wären beinahe mal von einem Stausee überdeckt worden. Aber aus dem 1900 wieder aufge­flammten Projekt eines „Nordkanals“ von Tegel durch den Berliner Norden bis zur Wuhle und entlang dieser in die Spree ist ja nichts geworden. Das hat zwar den Pferden von Lübars die Wiesen erhalten, aber unserer Nachbargemeinde Eiche den dort geplanten Hafen gekostet.
Dort, wo die Straße Alt-Lübars hinter dem Ortskern von Lübars nach links abknickt, zweigt der Jakobsweg rechts ab.
Der Weg führt zunächst am Feldrand nach Norden und dann im Zickzack durch die Wiesenlandschaft zum Dellingeweg und weiter auf Benekendorffstraße in Richtung Westen durch eine Siedlung südlich des Ziegeleisees.
An der Kreuzung Beneken­dorffstraße / Vierrutenberg wird eifrig gebaut.
Von dort hat man über den kleinen unbebauten Hügel hinweg einen guten Blick auf die Hochhäuser südlich des Zabel-Krüger-Damms.
Der Weg biegt bald darauf rechts ab und führt zum Hermsdorfer See.
An dessen Südufer, das viele schöne Blicke auf den See und die teils noblen Häuser am gegenüber liegenden Ufer bietet, geht es weiter.
Am Ende des Uferweges geht es wieder entlang des Tegeler Fließ, anfangs linksseitig, dann auf der rechten Seite.
Der Weg hält immer etwas Abstand zum Bach, folgt aber seinen Bögen. Das ist ein sehr schöner Wanderweg.
An der Berliner Straße muss man nach links und dann auf der anderen Seite weiter.
Dort unterquert der Weg mit dem Tegeler Fließ die Eisen­bahn. Im Brückenbogen daneben verläuft die Straße, die jetzt Oraniendamm heißt.
Hinter der Eisenbahn geht es erneut am Tegeler Fließ entlang, jetzt recht dicht und teilweise auf hölzernen Stegen.
Dann entfernt sich der Weg wieder ein Stück, um Platz zu schaffen für eine Weide am Fließ, auf der sich die Wasser­büffel sichtlich wohl fühlen. An der Jagowstraße wechselt der Weg wieder auf die andere Seite. Von der Brücke hat man einen guten Blick auf Fauna und Flora am Fließ. Von den angrenzenden Wohngebieten bekommt man kaum was mit.
Irgendwann ist der Hermsdorfer Damm erreicht, der parallel zur Autobahn verläuft. Hier taucht das Fließ ab, um Straße und Autobahn zu unterqueren. Der Weg biegt indes links ab und verläuft im Wald parallel zum Hermsdorfer Damm und entlang des Friedhofs bis zum Waidmannsluster Damm.
Zusammen mit diesem unterquert der Weg die Autobahn und läuft auf den Tegeler Hafen zu. Wechselt man die Straßen­seite stößt man in einem kleinen Park auf den Nordgraben.
Zusammen mit dem Nordgraben, der schon einen langen Weg durch ganz Reinickendorf hinter sich hat, geht es zum Tegeler Hafen, der an seinen Ufern einen Mix aus alten Industriebauten, modernen Krankenhauseinrichtungen, noblen Häusern und kleinen Parkanlagen zu bieten hat.
Im Tegeler Hafen treffen Tegeler Fließ und Nordgraben aufeinander und fließen gemeinsam unter der Tegeler Hafen­brücke, auch „Sechserbrücke“ genannt, in den Tegeler See.
Von der Sechserbrücke hat man einen hervorragenden Blick zurück auf den Hafen und die Humboldtinsel, die beidseits vom Tegeler Fließ umspült wird, auf der Südseite allerdings wie gesagt vermischt mit Wasser des Nordgrabens.
Auf der anderen Seite schaut man auf den Tegeler See. Die vielbesuchte Promenade und die Anlegestellen der „Dampfer“ sind auf der linken Seite, auf der rechten Seite stehen nur wenige Häuser, dahinter ist der Tegeler Forst.
Ich überquere die Sechserbrücke und laufe weiter geradeaus.
Links ist ein Sportbootanleger am anderen, rechts kommt bald der Wald. Der Weg macht einen großen Bogen um den Großen Malschsee herum. Diese Ausbuchtung am Nordende des Tegeler Sees ist auch vollgebaut mit Bootsstegen, an denen noch die Boote schaukeln, die noch nicht ins Winter­quartier an Land gebracht wurden. Es gibt hier kaum Nobel­yachten, sondern fast ausschließlich ganz normale Boote.
Nach letzten Blicken auf den Malschsee geht es auf dem Mühlenweg in den Tegeler Forst. Der Weg ist breit und gut begehbar, der Laubwald lässt immer mal wieder Sonne durch sein Blätterdach und man kommt gut voran.
Es geht über die Konradshöher Straße hinweg und dann nach einem Linksschwenk genau nach Westen.
Kurz bevor der Weg, der zuletzt Rallenweg heißt, auf die Sandhauser Straße trifft, ist links ein großer Rast- und Spielplatz und links Zeltlagerplatz mit einem Gruppenhaus für Kinder und Jugendliche. Das sieht aber recht verlassen aus.
Auf der Sandhauser Straße geht es nach rechts zum Heiligen See, der durch einen Durchstich mit der Havel verbunden ist.
Auf dem Weg dorthin kommt man an einigen noblen Villen vorbei, von denen eine durch ihre Zwiebeltürmchen auffällt.
Am Elchdamm ist rechts das Strandbad Heiligensee, in dem erwartungsgemäß Ende Oktober kein Betrieb ist. Etwas zu Essen hätte man da aber vielleicht bekommen. Von der Brücke über der Verbindung des Heiligen Sees mit der Havel hat man einen guten Blick über beide Gewässer. Auf dem Campingplatz am Heiligen See ist aber niemand zu sehen.
Im Zentrum von Heiligensee bildet die Straße Alt-Heiligensee einen großen Anger, auf dem sich auch die Dorfkirche befindet. Dort ist auch die ehemalige Dorfschmiede, vor der eine Stele an die 700-Jahr-Feier Heiligensees 2008 erinnert.
Auf dem Weg dorthin kommt man an der Feuerwache und an der Gaststätte „Zur Dorfaue“ aus dem Jahre 1869 vorbei.
Die Dorfkirche stammt vermutlich aus dem 15. Jahrhundert, wurde aber mehrfach umgebaut und erhielt 1667 ihre jetzige Form. Der Turm kam 1713 hinzu und wurde 1761 umgebaut, worauf sich die Jahreszahl auf der Wetterfahne bezieht.
Neben der Dorfkirche gibt es übrigens in Heiligensee noch drei weitere Kirchen, darunter auch eine katholische.
Das Dorf Heiligensee wurde um 1230 errichtet und 1308 erstmals urkundlich erwähnt. Seit 1920 gehört es zu Berlin.
Rings um die Kirche stehen auf dem Anger noch ein paar alte Grabsteine. Einer davon könnte Modell für ein nicht mehr gebräuchliches Parteiabzeichen gewesen sein. Im Volksmund standen die Hände dort für „Eine Hand wäscht die andere“.
An der Kreuzung von Alt-Heiligensee, Heiligenseestraße und Hennigsdorfer Straße wird gebaut. Dadurch ist es in der Hennigsdorfer Straße außergewöhnlich ruhig. Das freut den Wanderer, aber sicher nicht den Raben, der gefundene Nüsse auf die Straße wirft und wartet, dass ein Auto drüber fährt. Derzeit braucht er mehr Geduld zum Nussknacken.
Die Straße überquert den Weidengraben, der ein ganzes Grabensystem zur Havel hin entwässert.
Nach Unterquerung der Eisenbahnbrücke trifft die Hennigsdorfer Straße auf die Ruppiner Chaussee. Um nach Hennigsdorf zu kommen, muss man links abbiegen.
Die Straße führt nun 1 km durch den Wald und überquert dabei die Berliner Stadtgrenze, die bis vor 30 Jahren die Grenze zwischen Westberlin und dem DDR-Umland war.
Noch auf Berliner Seite ist am Straßenrand ein gut etablierter Stand mit frischem Obst und Gemüse. Dann kommt der Mauerstreifen, der nur noch an einer Schneise im Wald und an dem zur Erinnerung an die Maueröffnung (die hier erst am 13. Januar 1990 stattfand) aufgestellten Schild erkennbar ist. Kurz darauf lädt links ein Kletterwald Besucher ein.
Rechts geht es nach Stolpe Süd, einen Ortsteil von Hennigsdorf, der zur Mauerzeit ziemlich abgeschnitten war.
Zum Bahnhof und ins Zentrum von Hennigsdorf geht es am Kreisverkehr nach links und dann über die Havelbrücke.
Kurz dahinter gabelt sich die Straße. Hier muss man Vertrauen haben und dem Wegweiser folgend durch ein Wohngebiet laufen, um zum Bahnhof zu gelangen, wo man auch auf das moderne, kreisrunde Rathaus trifft.
Durch einen abends bunt beleuchteten Tunnel geht es zu den Bahnsteigen und zum Bahnhofsvorplatz, der einige Geschäfte und Gaststätten zu bieten hat. Hier kann man sich die Zeit vertreiben, wenn einem die S-Bahn gerade weggefahren ist. Man kann derweil aber auch über den „Sparbahnsteig“ inspizieren, den sich S- und Regionalbahn teilen.
Mit der S 25 geht es zur Bornholmer Straße und weiter mit der Ringbahn nach Ostkreuz. Dabei fährt man wieder ein ganzes Stück der Grenze ab, weshalb man die heutige Etappe des Jakobsweges fast eine Mauertour nennen kann.