Montag, 4.9.2023, von Schönfels nach Limbach / 24,5 km
19.30 Uhr. Vor einer guten Stunde bin ich in Limbach (nicht zu verwechseln mit Limbach-Oberfrohna) angekommen, später als erwartet. Eigentlich hätte ich schon am frühen Nachmittag hier sein können, aber ich habe ob der kurzen Strecke von Schönfels nach hier getrödelt und mir dann noch einen lang gehegten Wunsch erfüllt und die Göltzschtalbrücke besichtigt. Aber der Reihe nach: Ich habe in Schönfels unterm Kirchendach so gut geschlafen, dass ich nur durch den vorsichtshalber gestellten Wecker aufgewacht bin. Ich hatte mich mit Herbert und seiner Frau Annelie zu halb acht zum Frühstück verabredet. Der Tisch war auch schon gedeckt und köstlicher Kaffeeduft waberte durchs Wohnzimmer. Ich habe gut und lecker zu essen bekommen und konnte es leider nicht abwenden, dabei fotografiert zu werden, denn Däumers vervollständigen immer die Gästebucheintragungen durch ein Foto. Ich habe deshalb selbst interessiert durch das Gästebuch geblättert und so ziemlich alle Einträge gelesen, die unisono ein Lobpreis auf die Herbergseltern sind. Ich habe mich auch sehr herzlich bedankt. Nach einem Pilgersegen in der Kapelle bin ich um viertel neun los. Da strahlend blauer Himmel war, habe ich nochmal eine Runde um den Dorfteich gedreht und fast alle Fotos vom Vortag wiederholt, weil die Burg bei richtiger Beleuchtung noch eindrucksvoller ist, als in der Dämmerung. Der Jakobsweg führt in einem großen Bogen zunächst durch das Plexetal vorbei an einem überdachten Grillplatz bis zum Sportplatz der „SG 48 Schönfels“. Dahinter wird das Tal immer enger und kaum noch passierbar. Ich hätte ja auch schon vor dem Sportplatz abbiegen sollen! Also zurück bis zum Grillplatz und auf einem schmalen Pfad in den Wald, über die Plexe und steil den Berg hoch. Oben angekommen steht man am Feldrain und hat freien Blick. Der Weg führt entlang abgeernteter Felder nach Gospersgrün, an der Straße geht es vorbei an der Erlmühle nach Neumark/Sachsen. Auf der Karte sieht der Ort gewaltig aus, in Wirklichkeit hält sich das aber in Grenzen. Die Kirche ist außen und innen sehr sehenswert. Sie stand nur deshalb offen, weil drinnen der Glockenbauer was zu schaffen hatte. In der Apsis sind drei schöne Bleiglasfenster mit Bildern und auf Konsolen an den Wänden stehen biblische Figuren, die einen strengen Blick auf den Altar werfen. Mit nur einer Empore und einer nicht übermäßig großen (aber sehr gut aussehenden) Orgel gibt sich die Kirche vergleichsweise bescheiden. Im Pfarrhaus habe ich mir noch einen Stempel und die Telefonnummer des Pfarramts in Limbach geben lassen, um dort wegen meiner Schlafstätte nachfragen zu können. Dass Neumark doch was Besonderes ist, zeigt sich einerseits daran, dass die Kanaldeckel einem alten Stadtsiegel nachempfunden sind und dass es einen Supermarkt gibt - „diska“. Das muss was mir EDEKA zu tun haben, denn drinnen gab es einige „gut&günstig“-Produkte. Es war zwar erst halb zwölf, aber ich habe mir schon mal was für ein Picknick geholt und mich damit auf einer schattigen Bank nahe der zentralen Bushaltestelle niedergelassen; mit Blick auf die Kirche, in der offenbar der Glockenbauer sein Werk vollbracht hatte, denn nun war zur Probe das gesamte Repertoire an Sonn- und Feiertagsgeläut zu hören. Beim Picknick habe ich schon mal versucht, in Limbach im Pfarramt anzurufen. Ich habe auch tatsächlich den Pfarrer erreicht, der erfreulicherweise von der Dame, die mir per Email das Sofa im Pfarrsaal angeboten hat, informiert wurde, dass sich eventuell ein Pilger melden wird. Das hat je schon mal geklappt, denn ich hatte die berechtigte Sorge, dass meine Antwort auf die E-Mail erst am Dienstag gelesen wird, wenn das Pfarramt wieder besetzt ist. Denn wie in vielen Pfarreien ist das Büro auch hier nur an zwei Tagen offen. Ich habe mich mit dem Herrn Pfarrer auf 18 Uhr verabredet, bis dahin war also noch viel Zeit, die ich eigentlich in Reichenbach verbringen wollte. Der Weg von Neumark (was schon zum Vogtlandkreis gehört) nach Reichenbach ist nicht weit, führt aber ein ganzes Stück parallel zu einer Schnellstraße. Dann wechselt er durch eine Unterführung auf die andere Seite und führt nun direkt in die Stadt hinein, deren Zentrum in einem Tal liegt, während diverse Siedlungen sich auf den Hängen ausbreiten. Das ergibt interessante Blicke, wenn man auf die Stadt zuläuft. Es geht dann auch wirklich ziemlich steil runter und wenn man unten angekommen ist, erinnern manche der von oben herabführenden Straßen an Bilder aus der Krimi-Serie „Die Straßen von San Francisco“. Der erste Laden mit was Essbarem war ein Fleischer, der ein recht gutes Mittagsangebot hatte. Da aber die Kohlrabi-Suppe, mit der ich geliebäugelt hatte, bereits ausverkauft war, habe ich mich zu einem China-Imbiss durchgefragt, wo ich mir die üblichen gebratenen Nudeln bestellt habe. Da es auch hier, wie schon beim Fleischer zum Essen nichts Richtiges zu trinken gab, habe ich mir den Weg zum nächsten Supermarkt (ein REWE ziemlich weit draußen) beschreiben lassen. Da dieser in Richtung Göltzschtal liegt, habe ich kurzerhand den Entschluss gefasst, nicht stundenlang in Reichenbach herumzutrödeln, sondern vom Supermarkt aus gleich weiter nach Mylau zu laufen und mir die Göltzschtalbrücke anzuschauen, die mich fasziniert, seit ich sie zum ersten Mal auf einem Bild gesehen habe. Allerdings wollte ich doch wenigstens der Stadtkirche „Peter und Paul“ einen Besuch abstatten, bevor ich die Stadt wieder verlasse. Da zu befürchten war, dass diese geschlossen ist, habe ich mich schon vorher um einen Stempel für meinen Pilgerpass bemüht, den ich letztlich wieder im Vorzimmer des Bürgermeisters bekommen habe. Dieses Mal hat leider nicht der Bürgermeister selbst, sondern eine Verwaltungsfachangestellte den Stempel in meinen Pass gedrückt. Die Peter-und-Paul-Kirche, zu der es vom Markt (auf dem nicht viel los ist), noch ein Stück runtergeht, war wirklich geschlossen. Aber es stand an der Tür, dass man sich an das gegenüber liegende Pfarramt wenden kann, wenn man rein will. Das habe ich gemacht und sogleich einen richtigen Pilgerstempel und anschließend eine Kirchenführung bekommen. Allein lässt man da keine fremden Leute mehr rein. Der Herr, der mitgekommen ist, hat erzählt, dass unlängst eine unbeaufsichtigt offen stehende Kirche in der Gegend von Jugendlichen verwüstet worden ist. Nach der Kirchentour, einem raschen Einkauf im Supermarkt und einem Mittagsschläfchen auf einer einsamen Parkbank habe ich mich in Richtung Göltzschtal begeben. Da man von dem imposanten Bauwerk vermutlich am meisten von oben sieht, bin ich aber nicht bis runter ins Tal, sondern auf halber Höhe durch die Neubaugebiete am Hang und auf den sich anschließenden Feldwegen gelaufen. Die Brücke, mit ihren 98 Bögen in vier Etagen kam auch bald in Sicht. Sie ist lt. Wikipedia 574 m lang und 78 m hoch und damit die größte Ziegelsteinbrücke der Welt. Erbaut wurde sie von 1846 bis 1851 unter Verwendung von 26 Millionen (!) Ziegelsteinen. Bei der Zeitplanung für meinen Ausflug habe ich leider nicht bedacht, dass die Sonne am Nachmittag hinter der Brücke steht und man folglich selbst auch auf die andere Seite muss, wenn man halbwegs brauchbare Aufnahmen machen will. Also bin ich noch bis zur Brücke hin, im Zickzack durch den Wald runter zum Fluss, über einen wegen Einsturzgefahr gesperrten Steg ans andere Ufer und auf der Straße unter der Brücke durch. Ich bin gelaufen, bis die Straße einen Knick macht - auch von da konnte ich nur die Hälfte der Brücke aufnehmen. Die andere Hälfte wäre allerdings auch durch Wald verdeckt gewesen. Die wirklich eindrucksvollen Bilder, die man von der Brücke kennt, sind meist Luftaufnahmen. Durch diese zeitraubende Foto-Standortsuche war es dann bereits viertel sechs und abzusehen, dass ich es nicht zur vereinbarten Zeit schaffe, sondern mindestens 20 Minuten länger brauche. Ich habe mich also schnell auf die Socken und den kürzesten Weg nach Limbach gemacht. Das war nicht angenehm, denn es ging im Berufsverkehr entlang einer Straße ohne Fußweg. Davon hat Hape Kerkeling geschwärmt. Auf dem Camino Francés, wo er das erlebt hat, gibt es sowas aber nicht mehr. „Pünktlich“ um 18.20 Uhr war ich in Limbach, wo mich Pfarrer Engler nach einer Kirchenbesichtigung in mein Quartier eingewiesen hat. Es ist wie vorher angekündigt, nicht übermäßig komfortabel, aber für eine Nacht ausreichend: eine große Couch im Pfarrsaal und ein paar Türen weiter die Toilette und eine Küche. Das hat mich nicht schockiert, aber die Auskunft, dass es in Limbach (1400 Einwohner) keine Einkaufsmöglichkeit gibt. Zweimal in der Woche kommt ein Wagen mit Lebensmitteln. Auf meinen hungrigen Blick hin hat mir der Herr Pfarrer einen dicken Brotkanten zukommen lassen, der zusammen mit einer Tütensuppe und vier Ferdi-Würsten ein ganz ordentliches Abendbrot ergab. |
Via Imperii - Schönfels-Limbach |