Unterwegs an der Costa del Sol von Almeria nach Gibraltar
Tag 0 (Do, 9.1.2025) Anreise über Málaga nach Almeria
Liebe Freunde und Verwandte. Wenn Ich mich so melde, dann steht wieder eine Pilgertour oder Ähnliches an. Schon bald nach meiner letzten Tour im November überkam mich die Furcht vor a) dem üblen Winterwetter in der Heimat und b) den Folgen des Rumsitzens während der Feiertage. Da war schnell die Idee geboren, gleich am Jahresanfang eine längere Wanderung zu machen. Die Verlockung, sich in Deutschland auf Tour zu begeben, hielt sich allerdings in Anbetracht der klimatischen Bedingungen in Grenzen. Viel angenehmer ist es doch, irgendwo zu laufen, wo es etwas wärmer und sonniger ist. Zum Beispiel an der Costa del Sol im Süden Spaniens, wo dem Namen nach mit Sonne zu rechnen ist.

Bei der Suche nach preiswerten Flugverbindungen fanden sich doch tatsächlich bei Ryanair Direktflüge nach Málaga und zurück für je 30 €. Da gab es nicht viel zu überlegen. Ich habe für heute den Hin- und für Mittwoch in zwei Wochen den Rückflug gebucht. Das sind brutto 14 Tage, da bleiben netto 12 Tage für eine Wanderung. Das ist nicht viel, aber damit kann man schon was anfangen. Von Málaga nach Gibraltar, wo ich Anschluss an meine letzte Tour hätte, sind es etwa 150 km, in die andere Richtung nach Almeria etwa 230 km. Das ist Beides etwas wenig, wenn man sich vorgenommen hat, viel zu laufen. Aber beides zusammen ergibt eine gute, herausfordernde Strecke. Ich werde also heute noch von Málaga mit dem Bus nach Almeria fahren und dort morgen loslaufen. Am 21.1. will ich nachmittags in Gibraltar bzw. La Línea sein und von dort mit dem Bus zurück nach Málaga fahren, wo am nächsten Tag mein Rückflug startet.

Anders, als auf den gängigen Caminos habe ich vorab für fast alle Etappenorte Quartiere gebucht, wenn möglich mit Stornierungs-möglichkeit, um noch etwas Flexibilität zu haben. Auch wenn die ganze Küste mit Hotels und Ferienanlagen vollgestellt ist, ist es nicht so einfach, dort preiswerte Quartiere zu finden. Booking.com verkündet bei jedem abgefragten Ort, dass nur noch etwa 10% der Quartiere verfügbar sind. Der Rest ist sicher nicht ausgebucht, sondern wahrscheinlich im Winter geschlossen. Es war etwas mühsam, aber ich habe letztlich für fast alle Zwischenstationen Pensionen oder Hotels unter 40 € gefunden, am Startpunkt Almeria sogar ein Hostel für 21 €. In Málaga habe ich noch nichts gebucht, aber da gibt es reichlich Herbergen mit Preisen unter 20 €, da wird sich sicher auch ohne Vorbuchung was finden.

Ich stehe jetzt am BER vor dem hoffentlich pünktlich um 10.25 Uhr los-gehenden Flieger. Mit meinem auf 20x25x40 cm gepressten und damit kostenfreien 4 kg-Rucksack bin ich gut durch die Kontrolle gekommen. Brieftasche, Powerbanks und viel Kleinkram habe ich in einer recht umfänglichen Bauchtasche, die sich zwar trotz angehängtem Trinknapf noch gut unter der Jacke verbergen lässt, einem allerdings das Gefühl gibt, mit einem Sprengstoffgürtel unterwegs zu sein.

Ryanair hat heute wieder 50 Minuten vor dem Abflug mit dem Boarding begonnen und bestimmt 30 Minuten vor dem Abflug das Gate ge-schlossen - zumindest waren da alle im nicht ganz vollen Flieger. Meinen fensterlosen Fenstersitz in Reihe 14 konnte ich gegen einen Sitz am Gang tauschen, der mir viel lieber ist. (Eine Reihe 13 gibt es übrigens nicht!)

In 10 Minuten soll es losgehen. Ich hoffe, der Flieger ist pünktlich, denn in Málaga ist nicht viel Zeit, bis der Bus geht.

Manchmal ist es nicht nur aus finanziellen Gründen vorteilhaft, einen Billigflieger zu nehmen. Als ich heute morgen am BER die Rolltreppe vom Bahnsteig hochkam, ging gerade ein ätzend lauter Feueralarm los und über Lautsprecher kam die Aufforderung, unverzüglich das Gebäude zu verlassen. Das traf sich gut, denn ich musste eh ins Freie, um im Schneeregen zum Terminal 2 zu laufen, wo Ryanair, Vueling etc. abgefertigt werden. Da hat man vom Feueralarm nichts mitbekommen, außer dass diverse Feuerwehren vorbei kamen und zur Haupthalle fuhren. Amüsant war zu beobachten, dass diese erstmal an der Gabelung der Zufahrten stoppten, weil offenbar nicht klar war, ob sie geradeaus zur Ankunftsebene oder hoch zum Abflug müssen. Mehr habe ich von dem vermeintlichen Brand nicht mitbekommen, da ich es bei diesem Wetter vorgezogen habe, im Terminal zu verschwinden, statt im Schnee­regen neugierig darauf zu warten, dass Flammen aus dem anderen Terminal schlagen.

Wäre mein Flieger von dort gegangen, hätte er sicherlich reichlich Verspätung gehabt. So waren es nur die gut dreißig Minuten, die der Flieger nach einer tadellos schnellen Beladung an der Rollbahn stand und darauf wartete, auf die Startbahn gelassen zu werden. Der BER wird wohl nie ein richtig gut funktionierender Flughafen werden.

Der Pilot hat es leider nicht geschafft, die dreißig Minuten wieder reinzuholen. Um 14.20 (statt 14.00) Uhr sind wir gelandet bzw. gingen die Türen auf. Ich habe mich beim Landeanflug schon mal mit meinem Gepäck bis zur Reihe 5 vorgearbeitet und beim Öffnen der Tür zu einem Spurt angesetzt. Dabei wurde ich aber von einem Bus ausgebremst, der uns zum Terminal bringen sollte. Also (vorerst) nichts mit schnell rennen. Als der Bus endlich am Terminal war, blieben nur noch zwei Minuten bis zur Abfahrt meines Busses nach Almeria. Mit einem ordentlichen Sprint durch die lange Flughafenhalle habe ich den gerade noch erreicht. Der hatte schon die Türen zu und links den Blinker eingeschaltet. Glück gehabt! Mit mir kam noch ein weiterer Mann aus meinem Flieger, ein Deutscher, der hier Urlaub machen und ein bisschen arbeiten will.

Hätte ich den Bus nicht mehr bekommen, wäre das sehr ärgerlich gewesen, denn das ist der einzige am Tag, der vom Flughafen Málaga nach Almeria fährt. Ich hätte dann mit dem Flughafenbus nach Málaga City und von dort um 17.30 Uhr mit dem nächsten Bus nach Almeria fahren müssen. Der hält laufend zwischendurch und braucht deshalb eine halbe Stunde länger. Ich wäre dann erst um 21.00 Uhr am Ziel gewesen und hätte mit der Unterkunft verhandeln müssen, weil dort die Rezeption nur bis 20 Uhr (statt wie bei der Buchung angegeben, um 23 Uhr) besetzt ist. Außerdem hätte ich eine neue Fahrkarte kaufen müssen. Apropos Fahrkarte. Da habe ich ein zweites Mal Glück gehabt. Ich Blödmann habe doch beim Fahrkartenkauf nicht aufgepasst und auf der Webseite des Busunternehmens ALSA übersehen, dass nicht alle untereinander gelisteten Busse „ab Málaga“ vom Flughafen abfahren. So habe ich mir den 15.00 Uhr-Bus ausgesucht und erst später gemerkt, dass dies die Abfahrtzeit auf dem Busbahnhof ist und dass dieser Bus mit dem 14.30 Uhr ab Flughafen identisch ist. Nun hatte ich gehofft, am Schalter noch das erforderliche Upgrade kaufen zu können, aber daraus wurde ja wegen der Eile nichts. Der Busfahrer, dem ich angeboten habe, die Differenz zu bezahlen, hat mich dann aber freundlich durchgewirkt und in der Liste abgehakt. Das ist nämlich ein Bus mit Platz­reservierung und der ist später krachend voll geworden. Die Beschriftung der Plätze ist aber kaum lesbar, so dass ich mir nicht sicher bin, ob ich wirklich auf Platz 36 sitze. Ein junger Mann mit der Nummer 38 hat reklamiert, dass ich auf seinem Platz sitze, und ich hatte ihm schon Recht gegeben. Statt nun aber einen freien Platz zu nehmen, der wahrscheinlich meiner wäre, hat er sich beim Busfahrer beschwert. Der kam extra nach hinten in den Bus und ich dachte schon, ich würde jetzt gesteinigt. Aber der Kutscher konnte die Nummern auch nicht richtig lesen und hat entschieden, dass ich auf Nr. 36 und damit richtig sitze. Glück gehabt und einen schönen Fensterplatz auf der rechten, dem Meer zugewandten Seite erwischt! Dass hier 20 Grad bei strahlendem Sonnenschein sind, behalte ich mal lieber für mich, um keinen Neid zu provozieren.

Abgesehen von einem Abstecher nach Almuñécar, wo abgesehen von Málaga City der einzige Halt auf der Strecke war, ging es mit dem Bus ausschließlich auf der Auto-bahn von Málaga nach Almeria. Da konnte ich mir schon mal grob anschauen, was mich in den nächsten Tagen erwartet, denn das will ich alles zurücklaufen und dann noch was dranhängen. Das kommt mir jetzt fast unmöglich vor, aber es wird schon klappen. Ein paar Etappen werden der Quartiere wegen etwas länger sein, andere dafür kürzer.

Die Autobahn verläuft halbwegs parallel zur Küste auf etwa 100 m Höhe und meist nördlich der Küstenorte. Zwischen der Autobahn und dem Wasser zieht sich auf halber Höhe, manchmal auch nur wenig über dem Wasser die N-340 hin, der ich in den nächsten Tagen weitestgehend folgen werde. Wenn möglich, werde ich die Wege durch die Küstenorte oder dicht am Wasser nehmen, aber vielfach werde ich auf besagter Straße laufen müssen. Wie ich heute gesehen habe, ist da nicht viel los.

Die Küstenorte, die ich vom Bus aus gesehen habe, sind bei weitem nicht so langweilig oder gar hässlich, wie man in einer Touristengegend befürchten muss, schon allein, weil sich die Siedlungen oft die Berge hochziehen und einen fast spektakulären Anblick bieten. Auf dem letzten Stück vor Almeria gab es riesig große Flächen mit Folienzelten zu sehen. Das ist jetzt nicht unbedingt der Hingucker, aber auch interessant, weil man da nicht ein einziges recht­eckiges Folienzelt sieht, sondern nur welche, die dem Geländeprofil und den krummen Straßen und Wegen angepasst sind. Am Ufer, meist auf größeren Hügeln, waren etliche alte Wachttürme zu sehen, zwischendrin auch mal Reste von Festungen oder alten Straßen­brücken. Es wird also ganz bestimmt nicht langweilig sein, entlang der Küste zu laufen.

Mein Bus war kurz nach sechs, also mit nur wenigen Minuten Verspätung in Almeria. Das war genau die Zeit des Sonnenuntergangs, von dem aber nichts zu sehen war, da die Sonne hinter den Bergen verschwunden ist. Es war gerade noch so hell, dass man sich einen flüchtigen Eindruck von der Stadt verschaffen konnte, der bei mir sehr gut ausgefallen ist. Rings um den Bus-/Bahnhof ist viel Neubau, der aber sehr gefällig daherkommt. Der Bahnhof hat ein sehr schönes, altes Empfangsgebäude. Da, wo die Gleisanlagen zum nahen Hafen führten, hat man jetzt einen Park angelegt und eine alte, bis ins Wasser reichende Brücke für die Verladung von Erz hat man rekonstruiert und zu einem Spazierweg mit Aussicht gemacht. Da kann man oben wunderschön laufen und von unten sieht das auch gut aus, weil die Gleise auf Viadukten über Straßen und Kreisverkehre führen.

In der Altstadt bin ich auf einige schön hergerichtete alte Häuser und drei offene Kirchen gestoßen. In einer bin ich sogar zu einem Stempel für meinen hier neu angefangenen Pilgerpass gekommen. Was ich hier laufe, ist zwar kein ausgewiesener Camino, aber von Almeria und Málaga führen Zweige des Mozarabischen Jakobsweges nach Mérida. Und wer sich wie ich nicht traut, im Winter durch die Berge zu laufen, hat wohl auch früher schon den Weg entlang der Küste gewählt, um irgendwie nach Santiago zu kommen.

Costa del Sol - Tag 0