Unterwegs auf der Via de la Plata und dem Camino Sanabrés von Sevilla nach Santiago de Compostela
Tag 1 (Mo, 26.2.2024) Sevilla / 12,1 km
Es ist kurz vor sieben - bei Taco Bell ist Happy Hour. Das konnte ich mir nicht entgehen lassen: mit Käse und Schinkenstückchen überbackene Fritten und zwei Bier für fünf Euro. Das erste Bier habe ich fürs Essen gebraucht und mit dem zweiten Bier genieße ich jetzt den Feierabend - im ersten Stock mit Blick auf einen kleinen, quirligen Platz. So lasse ich mir den Tagesausklang gefallen. Sehr alt werde ich heute aber nicht werden, denn in der letzten Nacht habe ich nicht besonders gut geschlafen. Das „Hub Hostel Seville“ steht an einer Straßen-kreuzung und die Zimmer sind alle im Erdgeschoss mit großen Fenstern zu einer der beiden Straßen. Da es Kopfsteinpflasterstraßen sind, schreckt man als „Village People“ bei jedem Auto hoch. Und ein paar Mitbewohner haben noch lange in der Küche palavert, so dass es eh schon schwer war, einzuschlafen. Außerdem habe ich noch von meinem Erlebnis mit den Bettwanzen in Portugal geträumt, da juckte es gleich am ganzen Körper, obwohl keine Wanzen unterwegs waren. Phantom-Jucken.
Morgens, nachdem die ersten weg waren, bin ich nochmal eingeschlafen und erst um halb acht aufgewacht. Zum Frühstück gab es „auf den Punkt“ gekochte Eier. Ich hatte mir gestern ein Paket gekauft und mit einem Teil davon abends Spiegeleier gemacht. Wenn schon mal Pfanne, Fett, Teller und Besteck vorhanden sind, soll man das nutzen. Das Hostel ist von der Ausstattung ganz brauchbar. Toiletten und Bäder sind ausreichend vorhanden und ok. Und die Betten (bei mir im Raum sind es acht, nicht komplett belegte Doppelstockbetten) sind sogar mit Bettwäsche. Mehr kann man für 11 € die Nacht wirklich nicht verlangen.
Ich bin heute früh um halb neun los und gleich zur Kathedrale - um dort zu erfahren, dass erst ab elf Einlass ist. Das war aber nicht weiter schlimm, weil draußen herrliches Wetter war. Das habe ich genutzt, um mich in den um-liegenden Parkanlagen umzusehen. Den größten und wahrscheinlich schönsten Park habe ich aber ausgelassen. Der gehört zum Alcázar-Palast und da standen am Ticketverkauf und beim Einlass lange Schlangen. Wenn man um die Mauer herumläuft, kommt man aber auch durch schöne Anlagen. In einer bin ich erneut auf riesig große, über hundert Jahre alte Fici gestoßen. (Das soll die Mehrzahl von „Ficus“ sein.) Neben den gewaltigen Wurzeln kommt man sich wie ein Zwerg im Urwald vor. Um die Ecke rum ist schon der nächste Park, zwischen der Mauer des Alcázar-Gartens und einer großen Straße. Da steht zwischen Palmen und anderen südländischen Bäumen ein großes Kolumbus-Denkmal: zwei sehr hohe Säulen, oben drauf ein Löwe und auf halber Höhe Nachbildungen von zwei Schiffen seiner Flotte. Schräg gegenüber ist der Plaza de España mit einem riesigen, halbkreisförmigen Gebäude, das etwas an die Basilika in Fatima erinnert, nur dass hier an den Enden je ein Turm ist und dafür keiner in der Mitte. Und vor dem Gebäude ist ein ebenfalls halbrunder, von mehreren Brücken überspannter Graben, auf dem man Ruderboot fahren kann. Auch die Nutzung des 1929 für eine iberoamerikanische Ausstellung errichteten Gebäudes unterscheidet sich von der einer Basilika. Da sind verschiedene Institute, die Einwanderungsbehörde und ein kleines Armeemuseum drin. Und gegenüber ist eine Parkanlage, die bei uns als Botanischer Garten durchgehen würde. Die habe ich mir aber erspart, denn inzwischen war es um elf und damit Zeit für die Kathedrale. Auf dem Weg dorthin habe ich mir aber noch den großen quadratischen Bau der Uni ange­schaut, den ich für eine militärische Einrichtung gehalten habe, weil er mit Zaun und breitem Graben umgeben ist. Wie sich herausstellte, war das früher mal eine Zigarettenfabrik.
An der Kathedrale stand inzwischen eine Schlange, aber es ging recht schnell. Hier gilt der Rentner übrigens noch was - ab 65 zahlt man den halben Preis. Ich war auch richtig stolz, dass ich hier nach meinem Ausweis gefragt wurde. Ich muss wohl einen jungen, knackigen Eindruck gemacht haben. In der Uni hat man mich nicht umsonst als Studenten passieren lassen. In der Kathedrale, welche die größte gotische Kathedrale der Welt sein soll, gibt es viel zu sehen, vor allem riesige goldene Altäre und reich verzierte Kreuzrippengewölbe. Aber die französischen Kathedralen haben eine ganz andere Ausstrahlung und nach meinem Geschmack passen da die Details viel besser zusammen als hier. Aber es war schon sehr beeindruckend. Allein schon der bis zur Decke reichende Hauptaltar mit einer Vielzahl dargestellter Szenen war fesselnd. Und mittendrin das Grab von Christoph Columbus.
Auf einer Hinweistafel habe ich gelesen, dass vor einem der Portale eine Jakobsmuschel im Straßenpflaster ist, die den Startpunkt der Via de la Plata markiert. Die habe ich dann auch gleich gesucht und gefunden. Ich habe auch die nachfolgenden Markierungen, oft nur gelbe Pfeile, gefunden und bin diesen schon mal bis zum Torre Sevilla, dem alles überragenden, runden Hochhaus auf der anderen Seite des Kanals, gefolgt. Zu dessen Füßen ist ein großes Einkaufszentrum, das man nicht gleich sieht, weil das begrünte Dach wie eine Fortsetzung der angrenzenden Wiesen aussieht. Von da bin ich wieder zurück ins Zentrum, um noch vor 17 Uhr in die Kirche San Salvador zu kommen, die auf dem Kathedralen-Ticket mit drauf ist. Die Kirche hat zwar bei weitem nicht solche Ausdehnung, aber wenn man die vergoldeten Flächen der Altäre zusammenrechnet, kommt man auf die gleiche Größenordnung. Es gab also auch hier viel zu bestaunen.
Gestaunt habe ich dann auch auf dem Heimweg, da ich trotz Routenplaner an manchen Stellen mehrfach vorbei gekommen bin. Die Straßen sind hier so krumm und verwinkelt, dass man oft ganz wo anders rauskommt, als erwartet, zumal das mit dem GPS hier nicht so richtig klappt, was aber auch an meinem leidgeprüften Smartphone liegen kann.

Via de la Plata - Tag 1