Unterwegs auf der Via de la Plata und dem Camino Sanabrés von Sevilla nach Santiago de Compostela |
Tag 14 (So, 10.3.2024) Valdesalor - Casar de Cáceres / 24,8 km
Ich bin jetzt Mitglied einer Gruppe von Langschläfern. Wir haben heute bis 7.30 Uhr in dem Betten gelegen und sind erst dann nach und nach raus. A, B und C sind in die Bar zum Frühstücken. Ich habe mich derweil mit meinen Resten zu Oscar und Claudia an den Tisch gesetzt. Die beiden sind generell Selbstversorger, heute wollen sie auch wieder im Zelt schlafen.
Valdesalor, der kleine Ort, in dem wir übernachtet haben, ist eine Siedlung aus den 1950er Jahren mit einem kleinen Rathaus, einer Kirche und zwei Bars, von denen eine zugleich Supermarkt ist. Die am Zusammentreffen von Camino und N-630 gelegene Herberge ist vermutlich aus der Gründungszeit des Ortes und wie schon gesagt, recht komfortabel.
Da es über Nacht geregnet hatte und zu sehen war, dass auf den Feldwegen Pfützen stehen, habe ich wieder beschlossen, auf der Straße zu bleiben. Dort holten mich bald A und B ein, C war schon vorneweg. Die hatten auch vor, die Straße zu benutzen, waren dann aber bald meinen Augen entschwunden. Die Straße führte durch eine weite, kaum von Bäumen bestandene Landschaft und vorbei an einem Militärgelände mit einer großen Kaserne, in der auch heute am Sonntag Betrieb war. Ein paar Rekruten waren mit Schippchen und Besen unterwegs. Die sind vermutlich zum Kippensammeln verdonnert worden. Gleich hinter der Kaserne fing schon Cáceres an. Die N-630 macht einen Bogen, aber geradeaus führt eine Straße vorbei an einem LKW-Depot und über einen riesigen, verwilderten Parkplatz. Auf der Karte ist diese Fläche als Messegelände ausgewiesen. Nun weiß ich leider nicht, was die hier unter „Messe“ verstehen. Direkt am Bürgersteig grasten Schafe und Rinder, wobei immer mal eine Kuh versuchte, über die Straße zu noch frischerem Grün zu kommen.
Dann ging es durch ein Gewerbegebiet mit allen möglichen Handelsbetrieben. Da war heute natürlich nichts los. Ab dem nächsten Kreisverkehr wurde es geschäftiger. An der Avenida de Alemania stehen beidseits 8- bis 10geschossige Häuser, die alle im Erdgeschoss Geschäfte und Restaurants haben. Diese Straße geht über in die Avenida de España, die sich teilt und einen lang gestreckten Park einschließt. Mit Brunnen, Statuen, Bänken und Unmengen an Palmen lädt der zum Bummeln und Verweilen ein. In dieser schönen Anlage wundert es einen, wenn da ältere Herrschaften an einem Tanz-Pavillon mit einer Gaststätte darunter ein Plakat entrollen, auf dem auf Spanisch „Nein zur Vernachlässigung von Caceres“ steht. Dabei sieht man weder im Park noch in der sich daran anschließenden historischen Altstadt irgendwelchen Müll rumliegen, der hier im Süden doch öfter ins Auge sticht, als im Norden.
Am Ende der Avenida de España fängt die Altstadt von Cáceres an. Das sind zunächst Häuser, die vielleicht 200 Jahre alt sind. Sie säumen eine Gasse, die bergab zum Plaza Mayor führt. Das ist ein sehr lang gestreckter Platz mit ebensolcher Bebauung auf der einen Seite, wobei fast in jedem Haus eine Gaststätte ist und vor jeder Gaststätte viele Tische und Stühle stehen. Die andere Längsseite hat zum Teil viel ältere Bebauung und Treppen, die hoch in die mittelalterliche Stadt führen, welche die angeblich am besten erhaltene Altstadt Spaniens ist.
Als Erstes trifft man aber auf dem Weg zum Hauptplatz auf die Kathedrale der Stadt. Es war viertel eins, da strömte eine große Menschenmenge aus der Kirche, vermutlich die Besucher des 11-Uhr-Gottesdienstes. Und etwa gleich viele zwängten sich in die Kirche hinein - die Besucher des 12.30-Uhr-Gottesdienstes. Das waren so viele, dass nicht alle einen Sitzplatz bekamen. Da die Sakristei offen stand, bin ich da rein und hab‘ den Küster um einen Stempel für meinen Pilgerpass gebeten. Als der mitbekam, dass ich Deutscher bin, hat er den Pfarrer ran gewinkt, einen netten alten Herrn, der sehr gut Deutsch sprach. Er erzählte, dass er in Münster bei Kardinal Ratzinger (später Papst Benedikt XVI.) studiert hat. Hier in Spanien war er 15 Jahre Pfarrer in Casar de Césares, meinem heutigen Tagesziel. Dort hat er angeblich die Pilgerherberge ins Leben gerufen. Das ist zwar keine kirchliche, sondern eine kommunale, aber er kann ja trotzdem der Initiator gewesen sein. Vor dem Beginn des Gottesdienstes waren noch fünf Minuten Zeit - genug, um sich in der Kirche umzusehen, wo in zwei Nischen schon die Postamente für den Umzug in der Osterwoche standen - eines davon mit einer Marienfigur und ganz viel Silber ringsum. Das ist vielleicht eine Anspielung auf die „Silberstraße“ (Via de la Plata). Ich bin noch bis zum Beginn der Predigt geblieben, dann habe ich mich leise rausgeschlichen, weil ich eventuell nicht alles verstanden hätte.
Für die wie ein Burg über der Stadt thronende mittelalterliche Altstadt gibt es zwar Pläne und Erkundungsvorschläge, aber ich bin einfach kreuz-und-quer durch die Gassen gezogen und habe dabei viele Fassaden bestaunt und fotografiert. Einfach großartig! Da oben gibt es noch eine Konkathedrale, wo ein kräftiger Mann aufgepasst hat, dass während des gerade laufenden Gottesdienstes keine Touristen die Kirche entern. Mich hat er aber anhand des Rucksacks mit der Muschel dran als Pilger identifiziert und eingelassen. Der Gottesdienst neigte sich schon dem Ende entgegen, darum bin ich noch bis zum Schluss geblieben und habe mir hinterher in Ruhe alles angeschaut. Beeindruckend waren hier die riesige, aus dunklem Holz gefertigte Altarretabel (d.h. die Wand hinter dem Altar) und die mit Wappen versehenen, schon ziemlich zerlatschten großen Grabsteine auf dem Fußboden. Als ich aus der Kirche trat, hatte an der Tür schon jemand Stellung bezogen, der Tickets für die Besichtigung verkauft hat. Mich hat er nicht behelligt, sondern stattdessen einen Pilgerstempel angeboten, den ich gern genommen habe.
Vor dem Weiterlaufen wollte ich noch was essen, aber in und vor den Gaststätten am Plaza Major war es mir zu laut und waren mir die Kellner zu aufdringlich. Da habe ich mir in einer Seitenstraße eine Tapas-Bar gesucht, wo ich für einen schmalen Taler (4 €) was Brauchbares zu essen bekommen habe: eine Art Schweinegulasch mit Pommes, Spiegelei und Brot.
Gut gestärkt bin ich kurz nach drei weiter, wieder am Rand der Landstraße, die aber recht befahren war, weil hier mal keine Autobahn nebenher läuft. 11 km waren bis Casar de Cáceres ausgewiesen, also knapp drei Stunden. So lange habe ich auch gebraucht. Kurz nach sechs war ich in der Herberge, wo ich von A, B und C sowie den beiden Italienern, die mich auf dem Weg überholt haben, herzlich begrüßt wurde. Leider war die Herberge, die nur 12 statt 22 Betten hat, schon ziemlich voll, so dass ich nur noch ein Bett im Oberdeck (ohne Leiter am Bett) bekommen habe. Da hat Claudia angeboten, mit mir zu tauschen. Ich habe mich nicht geziert, sondern das Angebot sofort angenommen. Da wir uns gegenüber in der Gaststätte noch anmelden mussten, konnte ich mich gleich mit einem Bier für die beiden revanchieren. Im Fernseher lief da übrigens gerade das Ligaspiel zwischen Real Madrid und Celta Vigo, eine galicische Mannschaft, für die ich schon deshalb war, weil die Spieler auf ihren Trikots Reklame für „Estrella Galicia“ machen. Wir haben da aber nur ein paar Minuten zugeschaut. Wie ich gerade gelesen habe, ist das Spiel leider 4:0 ausgegangen.
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Via de la Plata - Tag 14 |