Unterwegs an der Algarve-Küste von Faro nach Lissabon
Tag 3 (Fr, 7.3.2025) Armação de Pêra - Portimão / 29,1 km
Trotz des weichen Bettes habe ich in meinem 5,9-Punkte-Zimmer ganz gut geschlafen. Da ich allein auf der Etage war und die Zimmertür offen stehen lassen konnte, habe ich von den Zwangsentlüftungen im Bad und im Flur profitiert. Leider war das warme Wasser zwar warm genug zum Duschen, aber nicht für den löslichen Kaffee. Der Kaffee hat sich zwar aufgelöst, aber die ebenfalls im Tütchen enthaltene Kaffeesahne klebte unten in der Tasse. Darum bin ich morgens gleich in den ersten Supermarkt (Lidl) und habe mir dort eine Flasche Kaffee aus dem Kühlregal geholt. Rein zufällig gab es da auch leckere Teigtaschen mit Shrimps, Huhn etc. und ein „Kissen von Ferkel“ - so die automatische Übersetzung von „Almofada de Leitão“. Das ergab zusammen ein perfektes Frühstück, beim Laufen genossen.

Es war gar nicht weit bis zum Strand und dort ging es gleich eine Treppe hoch auf die Steilküste. Da oben bin ich auch bis zum Nachmittag geblieben. Es war einfach großartig, trotz der dunklen Wolken am Himmel. Es blies ein recht kräftiger Wind, der die Wellen an die Felsen trieb. Anfangs war der Wellengang noch moderat, aber im Laufe des Vormittags wurden die Wellen immer größer und kräuselten sich schon lange vor Erreichen der Küste. Dort klatschten sie an die Felsen, wanderten regelrecht an der Felswand entlang, bis sie auf ein Hindernis stießen und dort zerstoben. Die Felsformationen wurden auch immer spekta­kulärer. Da taten sich Höhlen und Tunnel auf, in welche die Wellen vom Wind getrieben wurden. Zwischendurch gab es auch mal einen großen „Torbogen“ (Arco de Albandeira) zu sehen, über den man sogar rüber laufen konnte und durfte.

Vorher gab es schon auf einer weit ins Meer reichenden Felsnase die Reste einer Festung zu sehen, die sich eigentlich auf eine kleine Kapelle (Capela de Nossa Senhora da Rocha) beschränkten. Unter deren Vordach habe ich den ersten Regenschauer des Tages trocken überstanden.

Auf den ersten ca. 7 Kilometern war überhaupt kein Weg ausgeschildert. Da musste man sich oben auf den Klippen selbst einen Weg suchen. Das war also wie gestern, wunder­schön, aber auch zeitraubend. Für dieses Stück habe ich über drei Stunden gebraucht. Eigentlich kann man auf den Klippen laufen wie man will. Nur an besonders heiklen Stellen hat man Geländer platziert, insbesondere um die großen Löcher herum, die sich plötzlich im Gelände auftun. Das sind eingestürzte Höhlen, zehn oder mehr Meter tief, von denen viele noch eine unterirdische Verbindung zum Meer haben. Wenn da der Wind eine Welle rein treibt, gibt das ein Fauchen und Zischen, dass man meint, die Geräusche kommen direkt aus der Hölle. Mitunter stiebt auch oben die Gischt raus.

Erfreulicherweise war es heute nicht notwendig, zwischendurch ins Hinterland auszu­weichen, weil Grundstücke den Weg versperren. Es führte fast immer ein, wenn auch schmaler, Weg am Grundstückszaun entlang. Nur einmal musste ich ein „privat“-Schild ignorieren und durch eine Ferienanlage laufen. Aber es waren weit mehr Treppen hoch und runter zu laufen, als gestern.

Spaß gab es zwischendurch mit einer gemischten Schaf- und Ziegenherde, zu der einige ganz junge Ziegen gehörten. Die haben sich genüsslich über die Sträucher am Wegesrand hergemacht und sind an der Felskante langgelaufen, als wäre da eine Wiese. Nur konnten sie sich nicht immer auf eine Richtung einigen, wodurch der Schäfer und sein kleiner, dicker, dackelähnlicher „Schäferhund“ immer zu tun hatten, um die Herde in die gewünschte Richtung zu treiben. Der Schäfer hat dabei mehr gemeckert als seine Ziegen und sein Hund hat ein schlechtes Vorbild abgegeben, indem er immer wieder bis an die vorderste Felskante gelaufen ist.

Nach besagten etwa sieben Kilometern bin ich erstmals auf einen markierten Wanderweg gestoßen. Es ist der etwa 6 km lange Weg der „Sieben hängenden Täler“ (Sete Vales Suspensos), der in der Karte ganz unromantisch als „PR1LGA“ eingezeichnet ist. Dem klangvollen Namen nach könnte das auch ein Wanderweg in Zentral-China sein.

Im Prinzip ist dieser Weg nichts anderes als das Stück davor, nur dass hier immer mal Pfosten mit einer rot-gelben Wanderwegmarkierung stehen und dass an Stellen, wo kein Mensch einen empfohlenen Weg vermuten würde, eine solche Markierung an den Felsen gemalt ist. Entlang dieses Weges häuften sich allerdings bizarre Felsformationen, Höhlen, Tunnel usw. Und da der Wind noch stärker geworden war, dröhnte es, wenn die Wellen durch einen Tunnel getrieben oder in eine Höhle gedrückt wurden. An einer Stelle waren Tunnel und Höhle dicht beieinander und immer wenn viel Wasser durch den Tunnel in die Höhle gedrückt wurde, schoss eine Fontäne aus einem Loch in der Höhlendecke. Da ich diese grandiosen Naturschauspiele nur schlecht beschreiben kann und Fotos nur bedingt wiedergeben, was sich da abspielt, habe ich viele Meter Videos gedreht. Um Eure Smart­phones nicht zu sehr zu strapazieren, will ich die aber nicht in die Runde schicken. Die wird es gelegentlich in meinem Kellerkino zu sehen geben - gern auch wieder mit Häppchen.

Kurz vor dem Ende des ausgeschilderten Weges steht ein Leuchtturm auf den Klippen. Der erste, den ich hier gesehen habe. Die Freude wurde nur dadurch getrübt, dass es gerade begonnen hatte zu regnen. Zwar nur leicht, aber trotzdem lästig. Eine Möglichkeit, dich unterzustellen gab es natürlich nicht auf den Klippen. Also habe ich einen Schritt zugelegt, um noch bis in das Dorf hinterm Leuchtturm zu kommen, bevor es richtig losgeht. Das hat auch geklappt und ich konnte mich da unter der Außentreppe eines Ferienhauses unterstellen. Dort wurde es aber bald ungemütlich, weil der stärker werdende Regen durch den Wind so schräg kam, dass es auch unter der Treppe kein Schutz mehr gab. Da auf der Karte zu sehen war, dass in der nächsten Gasse mehrere Gaststätten sind, bin ich schnell dorthin gerannt. Da konnte man sich unter einem großen Terrassendach unterstellen oder halt reinsetzen.

Es war schon nach zwei und ich hatte erst die Hälfte des Weges nach Portimao geschafft. Es lagen nun noch 15 km vor mir. Da war eigentlich nicht viel Zeit für einen Kneipenbesuch. Aber ein Kaffee zum Aufwärmen wird ja wohl erlaubt sein. Während ich den trinke, kommt am Nachbartisch das Essen, das gut aussah und verlockend roch. Da habe ich die Absicht aufgegeben, trotz Regen gleich weiterzulaufen. Ich habe mir also wie das Ehepaar nebenan, die einzigen weiteren Gäste im Lokal, ein Schweinesteak mit Pommes und Salat bestellt, was ich nicht bereut habe.

Inzwischen hatte der Regen etwas nachgelassen, aber da der Himmel noch voller dicker Wolken hing, wollte ich mir endlich meinen Regenponcho überziehen, vor allem, um den Inhalt des Rucksacks zu schützen. Ich habe ja auf der letzten Tour in La Linea die halbe Nacht damit zugebracht, die im Rucksack nass gewordenen Sachen einzeln zum Trocknen vor den Heizstrahler zu halten. Aber mein Poncho war nicht zu finden. Ich habe wiederholt den ganzen Rucksack durchwühlt und ihn letztlich komplett ausgeräumt. Er blieb ver­schwunden. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich ihn eingepackt habe und wüsste nicht, wann und wo ich ihn ausgepackt habe. Vielleicht ist er auf dem Flughafen verloren gegangen, wo ich meinen Rucksack umpacken musste, weil da eine pingelige Dame beim Check-In mangelnde Maßhaltigkeit beanstandet hat.

Egal, hier sitzen bleiben konnte ich auch nicht, denn lt. Wetter-App sollte der Regen erst um fünf aufhören. Jetzt war es um drei. Ich bin also trotz Regen los und hatte kaum 200 Meter geschafft, als plötzlich ein richtiger Regenguss runterkam. Da bin ich wie um mein Leben gerannt, bis ich ein schützendes Wartehäuschen erreicht hatte. Während des Laufens habe ich bei einem kurzen Blick zurück gesehen, wie das Meer regelrecht getobt hat und lückenlos Schaumkronen auf den sich aufbäumenden Wellen waren. Furchteinflößend. Da im Warte­häuschen, das noch dazu auf der falschen Straßenseite stand, kein Fahrplan angeschlagen war, bin ich zu Fuß weiter, als der Regen mal einen Moment nachließ. Weit bin ich nicht gekommen, konnte mich dann aber wieder unterstellen. Als der Regen dann endlich nachließ, bin ich weiter bis zur nächsten Bushaltestelle, wo sogar ein Fahrplan hing, der allerdings abgegriffen und kaum lesbar war. Es war aber zu erkennen, dass da kurz nach vier, also etwa in einer viertel Stunde ein Bus nach Portimão fährt. Prima!

Aber der Blick nach draußen zeigte plötzlich einen blauen, fast wolkenfreien Himmel. Ein Grund zum Busfahren war also nicht mehr gegeben. Wenn ich mich etwas beeile, sollte ich es bis zum Dunkelwerden nach Portimão geschafft haben. Mein Quartier ist da zwar am anderen Ende der Stadt, aber die haben ja wohl Straßenlaternen. Ich bin also los und habe den kürzesten Weg genommen, den der Routenplaner zu bieten hatte. Das war nicht sehr weise, denn dabei ging es ein ganzes Stück auf Trampelpfaden über Wiesen und Felder. Da habe ich wiederholt einen Abzweig verpasst, weil die Trampelpfade in dem frischen Grün kaum zu sehen waren. Da ich dann noch auf einem aufgeweichten Feld gelandet bin, sah ich ziemlich verdreckt aus, als ich wieder Zivilisation erreicht hatte. Den Schuhen konnte aber nicht mehr viel passieren, da sich dort schon an der Spitze das Oberteil von der Sohle löst. Das war dem felsigen Weg zu verdanken, auf dem ich bei meinem schlürfenden Gang immer wieder mit der Schuhspitze angestoßen bin. Hier muss unbedingt Ersatz her. Zwischen­zeitlich hatte ich herausgefunden, dass kurz vor meinem Quartier ein Einkaufscenter mit einem Decathlon ist. Das trifft sich gut, da kann ich mir nicht nur neue Schuhe, sondern auch einen Regenponcho besorgen.

Der Rest des Tages hat geklappt. Ich war pünktlich zum Sonnenuntergang in Portimão, bin gut durch die Stadt gekommen, habe den Decathlon gefunden und dort meine Einkäufe erledigt. In einem großen Continente-Supermarkt habe ich was fürs Abendbrot und fürs Frühstück gekauft und dann sofort das Quartier gefunden. Leider gab es da nur noch ein Bett im „Obergeschoss“, aber viel Nacht war ja eh nicht mehr übrig.

Algarve - Tag 3