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Unterwegs an der Algarve-Küste von Faro nach Lissabon | ![]() |
Tag 8 (Mi, 12.3.2025) Aljezur - Zambujeira do Mar / 38,0 km
Ich muss gestehen, dass ich vor dieser Reise noch nie etwas von der Ruta Vicentina (Fischerweg) gehört hatte. Ich wollte nur von Faro nach Lissabon möglichst an der Küste laufen und habe beim Festlegen der Route gesehen, dass da auf weiten Stücken (von Lagos bis Sines) ein mit „RV“ gekennzeichneter Wanderweg in der Karte auftaucht. Inzwischen weiß ich, dass es dafür auch Wanderführer gibt und festgelegte Etappen. Heute habe ich beim Frühstück erfahren, dass das, was ich mir für den Tag vorgenommen hatte, eigentlich zwei Etappen sind. Der Wanderführer schlägt eine Zwischenübernachtung in Odeceixe vor, aber da ich das nicht aussprechen kann, hatte ich den Ort bei der Quartiersuche nicht in die engere Wahl genommen.
Dass die heutige Tour lang werden wird, war mir klar, weshalb ich mich mächtig geärgert habe, dass ich erst nach halb acht aufgewacht bin, als jemand von der Toilette kam. Eh ich meinen ganzen Kram eingepackt und gefrühstückt hatte, war es dreiviertel neun. Das ist ziemlich spät, wenn man weit laufen will. Trotzdem habe ich bis Odeceixe den „vorgeschriebenen“ Weg genommen und erst dahinter etwas abgekürzt. Der Himmel war den ganzen Vormittag über mehr oder weniger grau, aber es kamen nur ab und zu mal ein paar Tropfen runter. Gleich hinter Aljezur ging es ziemlich heftig einen Berg hoch und dann auf dem Plateau zunächst in Richtung Küste, dann aber wieder ein Stück weg nach Rogil. Nach ein paar hundert Metern entlang der EN 120 durch den kleinen Ort, auf denen ich an drei Supermärkten vorbeigekommen bin, ging es wieder links ab in Richtung Meer, dieses Mal aber richtig bis ans Wasser. Die Küste zeigte sich hier ganz anders, als an der zurückliegenden Tagen. Es ist wieder Steilküste, aber dieses Mal aus tief-schwarzem Gestein und bedeckt mit einer Art Düne. Da läuft man nicht auf blankem Felsen, sondern auf Sand durch kniehohe Sträucher und Blumen, die am Rand eines Strandes üblich sind. Müsste man nicht immer mal dicht an der Kante laufen und tief nach unten schauen, würde man nicht denken, dass man in 50 Meter Höhe unterwegs ist, sondern meinen, unten durch die Düne zu laufen. Gruselig ist es, wenn sich vor einem Risse im Sandboden auftun, die darauf hindeuten, dass bald mal wieder eine Fuhre Sand in der Tiefe verschwindet. Erst im Laufe des Tages kam Wind auf, der allmählich die Wolken vertrieb und für Wellengang sorgte. Auch hier war es ein toller Anblick, wie die Wellen gegen die Steilküste donnern oder an einem der vielen davor liegenden Felsbrocken emporschießen. Aber leider fehlten die Torbögen im Wasser und die Höhlen im Felsen, die vor Tagen für ein grandioses Wellenspiel und urige Geräusche gesorgt haben. Gestaunt habe ich über die vielen Wanderer, die auf dem Weg unterwegs sind. Es waren heute mindestens zwei Dutzend Leute, die mir begegnet sind, und die gleiche Anzahl war bestimmt in meiner Richtung unterwegs. Wie in den Hostels lag der Anteil der Deutschen bestimmt bei 50 Prozent. Von Odeceixe, das etwa 3 Kilometer landeinwärts liegt, erstreckt sich ein Mündungstrichter zum Meer, durch den der Rio Seixe mäandert. Die Steilküste ist hier für ein paar hundert Meter unterbrochen und macht Platz für den Fluss, einen schönen Badestrand und ein paar Häuschen mit Geschäften und Ferienunterkünften. Um die Flussmündung zu umgehen, muss man also von der Steilküste runter, am Rand des Mündungstrichters nach Odeceixe, dort über die Brücke und eigentlich auf der anderen Seite wieder zurück zur Küste und dort erneut hoch auf die Klippen. Da es schon nach zwei war und noch ein ganzes Stück bis zu meinem Ziel, Zambujeira do Mar, vor mir lag, musste ich etwas abkürzen. Von Odeceixe bin ich nicht im rechten Winkel zum Meer gelaufen, sondern schräg über das Plateau. Das hat mich zwar ein paar Kilometer Klippenerlebnis gekostet, aber viel Zeit gespart, da es auf den Klippen doch sehr mühsam ist, voranzukommen. Mühsam war es allerdings auch, wieder auf das Plateau zu kommen. Der Routenplaner hat einen kurzen, aber extrem steilen Schotterweg vorgeschlagen, der gleich am Ende der Brücke den Hang hinauf ging. Da bin ich doch lieber in einem Bogen der viel moderater aufwärts führenden Straße gefolgt, was allerdings nicht wirklich Spaß gemacht hat, weil man bei jedem entgegenkommenden Auto ins Bankett treten musste. Dafür bin ich auf diesem kurzen Stück noch an zwei Lebensmittelläden vorbei gekommen, die jeweils in einer großen Garage betrieben werden. Auf dem Plateau befinden sich große Plantagen mit Folienzelten, in denen Himbeeren gezogen werden. Die sehr ordentlichen, tonnenförmigen Zelte waren sorgsam aneinandergereiht und zu der kleinen Straße mittendrin durch Hecken abgeschirmt. Da bin ich gut vorangekommen und ich konnte nebenbei die Karte studieren. Da fand sich kurz vor dem Ziel eine Furt und ich hätte gern gewusst, ob die passierbar ist. Kurz vor der Küste kam mir ein österreichisches Paar entgegen, das ich befragen konnte. Die meinten, dass einem dort das Wasser nur bis über den Knöchel reicht, dass aber der Weg dorthin „garstig“ ist. Auf der Klippe angekommen, wusste ich, was gemeint ist und dass „garstig“ eine sehr charmante Umschreibung ist. Im Prinzip verlief der Weg wieder wie durch eine Düne, aber da die Küste hier auch in der Höhe sehr zerklüftet ist, ging es laufend auf und ab. Am tiefsten Punkt stößt man regelmäßig auf ein Bächlein, das dem Meer zustrebt. Wenn der Weg rechtwinklig kam, konnte man einen großen Schritt darüber machen, aber meist teilten sich auf einigen Metern Weg und Wasser den knappen Platz in der Rinne und man musste unweigerlich durch Wasser und Schlamm. Erschwerend kam immer noch das Gestrüpp hinzu, dass dem Weg kaum Platz gelassen hat. Mitunter ging es auch durch winzige Wäldchen, wo man wie in einem Tunnel gebückt laufen und dabei noch umgeknickte Bäumchen überklettern musste. Als Krönung gab es dann noch eine richtige Kletterstrecke, bei der man nicht unbedingt nach unten schauen sollte. Das war wirklich ätzend, wie das die Berliner beschreiben würden. Bei der Kletterei habe ich den Entschluss gefasst, bei der nächsten Gelegenheit auf einen parallel verlaufenden Weg auf dem Plateau zu wechseln, so wie das der Routenplaner ohnehin vorgeschlagen hat. Es war schließlich bald Sonnenuntergang. Außerdem würde da heute keiner mehr entlang kommen, der einem helfen kann, wenn man sich den Fuß verknackst und allein nicht mehr weiterkommt. Das würde mir zudem die Furt ersparen … Als ich in Zambujeira do Mar ankam, wurde es wirklich schon dunkel und die dunklen Gestalten, die da rumliefen, sahen dadurch noch finsterer aus. In diesem Küstenort, der sich den Hang hinauf zieht, werden gerade Rohre verlegt, weshalb es da ziemlich wüst aussieht. Nach dem Einchecken bin ich noch schnell in den nahen Lebensmittelladen, in und vor dem sich wieder finstere, aber durchaus freundliche Gestalten herumtrieben, die ein Geldscheinbündel unter sich aufteilten. Wer da zum Ladenpersonal gehört, war gar nicht so leicht rauszubekommendes. Es war auch nicht leicht, dort was fürs Abendbrot zu bekommen. Ich habe mich für Hotdog-Brötchen und eine Büchse Würstchen entschieden, in der Absicht, daraus in der Mikrowelle schmackhafte Hotdogs zu machen. Senf fand sich leider nicht in der Küche, die raufgestreuten Zwiebelstückchen sind in den zwei Minuten nicht zu Röstzwiebeln geworden und die wabbligen „Frankfurter“ haben zudem nach Nichts geschmeckt. Das ergab also insgesamt nur ein Gourmet-Erlebnis zweiter Klasse. |
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Algarve - Tag 8 | ![]() |