Unterwegs an der Algarve-Küste von Faro nach Lissabon
Tag 10 (Fr, 14.3.2025) Vila Nova de Milfontes - Sines / 35,1 km
Als ich morgens los bin, war das Wetter zwar nicht unbedingt freundlich, aber trocken. Und das blieb es auch den ganzen Tag. Endlich mal! Da es gleich hoch auf die Klippen und dort im weichen Sand vorwärts ging, waren kaum Pfützen auf dem Weg und die Füße blieben bis etwa 14 Uhr trocken. Wunderbar!

Die Küste ist hier wieder etwas anders als zuvor. Nicht ganz so hoch und meist schräg abfallend. Das läuft sich schon mal etwas entspannter. Stellen, an denen es unmittelbar an einer scharfe Abbruchkante entlang ging und wo man über „Balkons“ musste, gab es hier auch, aber nicht ganz so häufig.

Höhlen und Tunnel in dem Felsen waren selten, aber überall lagen am Fuß der Steilküste oder ein paar Meter davor angebrochene Felsbrocken im Meer, die wie Wellenbrecher wirkten und die auftreffenden Wellen hoch nach oben schießen ließen. Und Wellen gab es den ganzen Tag sehr reichlich. Es war ein grandioses Naturschauspiel und man hätte stundenlang auf einem Stein sitzen und zuschauen können. Riesig groß erscheinende Wellen, die schon weit draußen tobten und Schaumkronen trugen, schlugen in dichter Folge auf den Felsen oder die Felsbrocken davor, schossen in die Schluchten und dort die Wände empor. Öfter sah man Fontänen, die bis über das Plateau schossen. An einigen Stellen lag in den Schluchten auch alles voller Schaum, den das brodelnde Meer erzeugt hat und der mitunter vom dauerhaft heftigen Wind in Flocken auf die Umgebung verteilt wurde.

Der Bewuchs der „Düne“ oben auf den Klippen war wie üblich spärlich, aber ich bilde mir ein, dass hier mehr Blumen zu sehen waren. Etwa bis zur Festung „Forte do Pessegueiro“ kurz vor Porte Covo, wo ich gegen eins ankam, war der Weg auch sehr moderat, ging jedoch stets durch weichen Sand, was recht anstrengend war. Die quadratische Festung, die mit zusätzlichen Verteidigungsbauten an den Ecken versehen ist, stammt aus dem 17. Jahrhundert und wird auch „Forte de Nossa Senhora da Queimada“ genannt. Wie ich später gelesen habe, hätte man die auch besichtigen können. Die Tür war nur geschlossen, weil gerade von zwölf bis zwei Mittagspause war.

Gleich hinter der Festung kommt ein großer Parkplatz mit öffentlichen Toiletten. Dort ist auch ein Abgang runter zum Strand, der an einer sehr netten Gaststätte vorbeiführt. Hier bin ich völlig überraschend auf eine zusätzliche Wegmarkierung mit der Jakobsmuschel gestoßen. Welcher Jakobsweg soll das sein? Ein eilig befragter Portugal- und Jakobswegkenner war ebenfalls erstmal ratlos. Die Markierung hat auch nicht irgendein Spaßvogel angebracht, denn sie taucht in Form ordentlicher Plakettenpaare, Muschel und Pfeil in Gelb auf blauem Grund, wiederholt auf, wobei die Muschel leider oft dem Pfeil widersprechend angebracht ist. Da wo an Steinen, Pfosten und später an Laternen die Wanderwege mit Strichen markiert sind (blau/grün für den Fischerweg und rot/gelb für den Fernwanderweg), taucht jetzt immer auch noch ein gelber Pfeil auf. Die Lösung fand sich erst in Porto Covo, wo auf einer Infotafel ausgewiesen ist, dass es sich um den „Caminho Central - Via Atlântico“ handelt, der in sieben Etappen von Castro Verde nach Santiago de Cacém führt. Das ist offenbar eine Variante des „Caminho Central“, der durchs Landesinnere von Faro über Lissabon und Porto nach Santiago de Compostela führt und durch Castro Verde und Santiago de Cacém verläuft. Wieder was gelernt!

Aber wir sind ja noch bei dem Küstenabschnitt von der erwähnten Festung nach Porto Covo. Da ist manches anders, als im Abschnitt davor. Hier muss mitunter etwas geklettert und auch mal ein über den Strand führender Bach überwunden werden. Das geht übrigens am besten ganz vorn an der Meereskante. Die Wellen treiben zumindest scheinbar das Wasser des Baches zurück und wenn sich die Welle zurückzieht, ist an deren Stelle der Bach flacher als üblich. Da kommt man zwar trotzdem nicht trockenen Fußes durch, aber beim gekonnten Dreierhopp im richtigen Moment bleibt der „Wasserschaden“ gering. Da die Füße nun eh nass waren, musste ich mich auch nicht darüber ärgern, dass sich ein Stück später der Weg und ein kleines Bächlein eine schmale Rinne teilen.

Etwa 300 Meter vor der Küste liegt hier die Insel „Ilha do Pessegueiro“, die ein besonders beeindruckendes Naturschauspiel verursacht. Wie auch immer das erklärbar ist: Die Wellen, die links und rechts an der Insel vorbeikommen, knallen zwischen der Insel und dem Festland aufeinander und erzeugen ein regelrechtes Brodeln im Meer. Das ist schaurig schön. Zu erwähnen sei außerdem, dass noch vor Porto Covo die Küste flacher wird und sich dort große, oft leicht zugängliche Strände befinden, die von hohen Dünen eingerahmt werden. Der offizielle Weg verläuft hinter den Dünen, manche Wanderer gehen aber auch stückchenweise unten am Strand. Die müssen aber immer wieder über die Dünen, wenn unten ein Felsen den Weg versperrt.

Bis Porto Covo habe ich 79½ entgegenkommende Wanderer gezählt. Die halbe Portion war ein Kleinstkind, das beim Papa im Tragegestell auf dem Rücken saß, um von dort oben in die Schluchten zu schauen. Der Papa hat ihm/ihr auch die spannendsten Wege ganz vorn an der Kante gezeigt.

In Porto Covo gab es dann endlich wieder eine Möglichkeit, in einem Supermarkt Essen und Trinken zu fassen. Der weitere Weg bis Sines war ziemlich öde. Auf der ersten Hälfte hätte man durch die Dünen am Wasser laufen können, aber das war nicht mehr so richtig spannend und hätte zu viel Zeit gekostet. Außerdem wären da wieder ein paar Furten zu meistern gewesen. Da die zweite Hälfte eh an der Straße verläuft, bin ich gleich da geblieben.

Unterhaltung bot dabei die Beobachtung des Schiffsverkehrs. Seit dem Vormittag des Vortages dümpelte zwischen Milfontes und Porto Covo ein riesiges Containerschiff rum. Es war die unter dänischer Flagge fahrende „Eleonora Maersk“, die lt. Wikipedia zu den größten Containerschiffen gehört und 15.500 (!) 20-Fuß-Container laden kann. Ich dachte schon, die hätte Maschinenschaden, da sie sich stets auf der Stelle drehte. Aber vermutlich hat sie nur auf einen freien Platz im Containerterminal von Sines gewartet. Eine Stunde nachdem gegen 14 Uhr die „MSC Isabella“, ein noch größeres Containerschiff, den Hafen verlassen hat, setze sich Eleonora in Bewegung, wurde von zwei Bugsierschiffen angeleint und dann in mindestens zweistündiger Feinarbeit hinter der noch am Terminal liegenden „MSC Caterina“ eingeparkt. Erst kurz vor sieben senkten sich dann die Kräne und begannen mit dem Aus- und Einladen von Containern. Es hat mich gewundert, dass das alles so lange gedauert hat, denn bei so viel Fracht kostet bestimmt jede Stunde Wartezeit massig Geld.

Die „MSC Isabella“ war übrigens mal mit einer Kapazität von 23.656 Containern das größte Containerschiff der Welt. Die „MSC Caterina“ ist dagegen mit 8.800 Containern ein Winzling.

Ich bin ganz pünktlich zum Sonnenuntergang in Sines angekommen und konnte noch bei Tageslicht einen Blick auf die Stadt werfen. Die umringt auf einer Anhöhe einen schönen, wie eine Mondsichel geformten Strand. Mittendrin erhebt sich eine kleine, sehr alte Festung und daneben eine zierliche Kirche, die sogar offen stand, weil dort gerade ein Gottesdienst stattgefunden hatte. Nicht weit davon entfernt ist das „Origens Hostel“, in dem ich ein Bett im 8-Mann- Schlafsaal gebucht hatte. Der Besitzerin habe ich auf Anfrage geschrieben, dass ich zwischen sieben und halb acht komme. Fünf nach sieben war ich da und stand vor verschlossener Tür. Ich habe angerufen und gesagt bekommen, dass sie in zehn Minuten kommt. Sie kam nicht, aber dafür ein Portugiese, der auch einchecken wollte und dem gesagt wurde, dass die Besitzerin in fünf Minuten kommt. Er hat dann lange mit ihr telefoniert und plötzlich ging ferngesteuert die Tür auf. Er sollte sich drinnen den Schlüssel mit der „5“ dran nehmen, ich den mit dem „G“. Für ihn war klar, dass er ins Zimmer 5 muss, ich habe vergeblich nach einem Zimmer „G“ gesucht. Dann kam er plötzlich mit der Nachricht, dass wir beide ein Bett im Zimmer 1 haben. Die Betten sind hier über die Zimmer hinweg alphabetisch beschriftet, aber an nur wenigen befand sich noch der aufgeklebte Buchstabe. An meinem Bett prangte noch ein „G“. Wie er erfahren hat, dass das Bett „H“ über mir zu seinem Schlüsselbund „5“ gehört, weiß ich nicht.

Algarve - Tag 10