Unterwegs an der Algarve-Küste von Faro nach Lissabon
Tag 12 (So, 16.3.2025) Setúbal - Sesimbra / 27,2 km
Als ich heute um halb acht aufgebrochen bin, hatten sich gerade die letzten Regenwolken verzogen und die Sonne kam raus. Das gab es ja in den letzten zwei Wochen selten.

Da, wie schon gesagt, zwischen Sines und Setúbal zwei Übernachtungen weggefallen sind, hatte ich nun zwischen Setúbal und Almeda zwei Übernachtungen gut. Statt an einem Tag quer über die Halbinsel zwischen den Flüssen Sado und Tejo zu laufen, habe ich mich entschlossen, in drei Tagen soweit es geht an der Küste entlang zu wandern. Für heute hatte ich mir den Küstenabschnitt von Setúbal nach Sesimbra vorgenommen, morgen will ich zum Cabo Espichel und zum Übernachten nach Alfarim, was gar nicht weit von Sesimbra entfernt ist. Übermorgen geht es dann von dort nach Almeda (gegenüber von Lissabon, auf der anderen Seite des Tejo), wo ich mich in der Jugendherberge nahe der weithin sichtbaren Christus-Statue einquartiert habe.

Um noch ein bisschen variabel zu sein, hatte ich für die zwei Stationen nichts gebucht. In Sesimbra waren schon seit Tagen in der Pension „Lá em Cima“ fünf Zimmer frei, auch gestern Abend noch. Als ich dort heute früh buchen wollte, waren die plötzlich alle weg, einen Tag später aber wieder verfügbar. Ich glaube nicht, dass sich da über Nacht fünf Leute angemeldet haben. Vermutlich wollten die Vermieter mal einen Tag „blau“ machen und haben die Zimmer aus dem Angebot genommen, damit kein Gast die Ausflugspläne durchkreuzt. Da habe ich vor Schreck gleich in einer anderen Unterkunft im Ort gebucht, die leider etwas auswärts liegt. Da werde ich abends bestimmt nicht nochmal nach Sesimbra reinlaufen, sondern mir die Stadt morgen auf dem Weg zum Kap anschauen, wenn das Wetter nicht allzu übel ist.

Von Setúbal bin ich zunächst auf der Avenida Luísa Todi und dann dicht am Wasser in Richtung Westen gelaufen, bis ich in einer umzäunten Sackgasse gelandet bin und ein ganzes Stück zurück musste. Es ging hier also nur auf der Straße weiter. Die führt zunächst hoch auf etwa 50 Meter, dann zwecks Überquerung eines kleinen Flüsschens runter fast bis auf Null und schließlich auf dieser Höhe vorbei an einem Campingplatz, einer Zementfabrik und einem Hospital nebst Leuchtturm in alten Festungsmauern zu einem schönen Strand mit Gaststätte und großem Parkplatz. Der war bei dem schönen Wetter, das vormittags herrschte, vor allem von Motorradfahrern gut besucht. Hier war auch für mich der richtige Platz für eine Pause. Die Schiffe, die nach Setúbal wollen, fahren hier ganz dicht am Strand vorbei, weil die Fahrtrinne des Rio Sado, der hier in den Atlantik mündet, nah am diesseitigen Ufer liegt.

Ein paar Meter hinter dem Parkplatz ist, wie weiter vorn schon angekündigt, die Straße komplett gesperrt, weil da wohl was an zwei kleinen Tunneln gemacht werden muss. Vermutlich sollen derweil auch keine Fußgänger durch, denn man hat die erste Tunnel­einfahrt mit Betonblöcken versperrt, über die man mühsam rüber klettern muss. Ein paar hundert Meter weiter, nach dem nächsten Tunnel, kommt nochmal eine solche Barriere. Dahinter dürfen dann auch wieder Autos fahren. Der Lohn für die zweimalige Kletterei war eine vom Durchgangsverkehr befreite Straße. Es waren aber bei dem schönen Wetter trotzdem recht viele Autos in den Sackgassen unterwegs.

Die Straße führt nun stetig bergauf, auf der rechten Seite begleitet von steil aufragenden Felsen, die an vielen Stellen mit Stahlnetzen gesichert sind. Eine schmale Straße, auf der auch ein Wanderweg (PR3STB) verläuft, führt dann irgendwann mal links runter zum Ufer, vorbei an ein paar Gaststätten und wieder hoch zu „meiner“ Straße. Ich habe mir das ganz nette Gebäudeensemble unten am Strand lieber von der Höhe aus angesehen, statt die bereits erklommenen Höhenmeter für einen kurzen Ausflug zum Wasser zu opfern.

Auf der rechten Seite führt ein steiler, steiniger Wanderweg hoch zu einem Kloster (Convento de Nossa Senhora da Arrábida), das später mal kurz von der Straße aus zu sehen ist. Daneben stehen aufgereiht sechs kleine Kapellen im Wald am steilen Berghang. Von weitem sahen die aus wie Wachttürme einer Festungsmauer. Wer die besichtigen will, muss bergtauglich sein. Für mich fallen die also aus, denn ich hatte mit dem bisschen Anstieg der Straße schon ganz schön zu kämpfen.

Die nun sehr kurvenreiche Straße wand sich immer weiter hoch, bis sie in 250 Meter Höhe in die Fernstraße mündet. Rechts geht es weiterhin steil nach oben, hier ist der höchste Berg (Alto da Pena) 400 Meter hoch. Aber auch links, dicht am Wasser, stehen nun Berge. Einer davon ist der Píncaro mit 381 Metern, der mich an den Affenfelsen von Gibraltar erinnert, weil er landseitig begrünt ist und etwa 45 Grad Neigung hat, aber zum Wasser hin steil abfällt.

Bevor dieser Berg erreicht ist, biegt die Straße aber nach rechts ab. Das Kartenprogramm hat mir empfohlen, bald nach der Kurve links einen Feldweg zu nehmen, der auf halbwegs konstanter Höhe durch lichte Wälder zum Dörfchen Boeiro führt. Der Weg war an sich ganz gut und gegenüber der Straße eine deutliche Abkürzung, aber er stand voller Pfützen. Ich hatte keine Lust, mir die Füße nass zu machen und bin deshalb um jede Pfütze mühevoll herum getänzelt. Hätte ich gewusst, dass ich noch völlig durchweichen werde, wäre ich da einfach durchgelaufen.

Da meine Getränkevorräte inzwischen aufgebraucht waren, bin ich in Boeiro in eine „Café“ genannte Kneipe und habe mir da eine Flasche köstlichen Schwarzbieres zusammen mit einem Glas aus dem Kühlschrank geholt. Das Glas habe ich aber gleich wieder zurück­gestellt, weil mir das nicht ganz sauber schien. Der Wirt hat aber gedacht, es wäre mir nicht kalt genug, und hat mir aus seinem Tiefkühlschrank ein Glas geholt, wie ich es in Galicien lieben gelernt habe. Auf meine Frage nach einem Süppchen hat mich der Wirt an die Gaststätte an der Hauptstraße verwiesen. Aber auch da gab es keine Suppe und da die Wirtin mir nichts anderes aufschwatzen wollte, gab es vermutlich auch nichts anderes. Vermutlich war ich zu spät, denn draußen glimmte im Grill noch Kohle.

Derweil hatte es angefangen zu regnen. Erst bin ich noch im Anorak weiter, aber dann war doch der Regenponcho gefragt. Für heute war es vorbei mit dem schönen Wetter.

In Santana, einem kleinen Vorort von Sesimbra, bin ich an einer Straßenecke raus­gekommen, an welcher große Supermärkte von Aldi, Intermarché und Pingo Doce stehen, die abgesehen von Aldi auch sonntags bis 21 Uhr geöffnet sind. Ich bin in den Pingo Doce rein und habe mich da mit Brot, Wurst und Käse für Abendbrot und Frühstück versorgt. Inzwischen hatte es sich draußen richtig eingeregnet. Ich habe noch eine Weile gewartet und so, wie es sich für einen Landschleicher gehört, im Vorraum des Supermarktes Picknick gemacht. Aber irgendwann musste ich mal los. Es lag nur noch eine halbe Stunde Weg vor mir, aber in dieser Zeit bin ich völlig eingeregnet.

Meine Quartiergeber hatten mir zum Glück ein Satellitenbild mit dem eingezeichneten Weg geschickt, sonst wäre die „Casa Calidris“ nicht zu finden gewesen, da die dorthin führenden Wege in keinem Kartenprogramm eingezeichnet sind. Es war nur mühsam, unter dem Poncho den Lageplan zu studieren. Als ich dann endlich vor dem Tor stand, war ich ziemlich verärgert, dass ich nicht auf eine Klingel drücken konnte, sondern wieder im strömenden Regen das Smartphone zücken und im Haus anrufen musste. Nach einer Weile kam dann ein junger, Deutsch sprechender Mann und hat mich reingeholt. Zum Glück hat er mein Angebot abgelehnt, dass ich mir noch vor der Haustür meine Schuhe ausziehe, denn während die Sohlen vom Regen recht sauber waren, war innen reichlich Sand, der durch die Gaze eingedrungen war und bislang unentdeckt blieb. Beim Gang auf Socken habe ich damit vorm Zimmer eine ordentliche Schlammspur hinterlassen, die sich zum Glück auf dem Fliesenboden leicht und unbemerkt beseitigen ließ. Ein Tritt auf den weißen Plüschteppich im Zimmer hätte hingegen verheerende Auswirkungen gehabt.

Das Haus, das sicher mal als Pension gebaut wurde und fünf Gästezimmer hat, ist bestimmt von den jungen Besitzern übernommen und nicht selbst gebaut worden. Es ist an einem sanften Hang gelegen und der Blick fällt (wenn es nicht gerade neblig ist) auf die Burg von Sesimbra. Der Garten ist schön angelegt und im Sommer lockt ein Pool. Das Haus ist innen auch recht vornehm und geschmackvoll eingerichtet. Das erklärt den etwas verwunderten Blick der Besitzer, als da ein durchnässter Mensch mit Rucksack unterm Regenponcho vor der Tür stand, statt des nach der Anmeldung eines einzelnen Herrn vermutlich erwarteten stolzen Porsche-Fahrers.

Da es wegen des vielen Regens inzwischen draußen und auch im Haus ziemlich kühl geworden ist, war ich froh, dass ich hier im Zimmer eine Klimaanlage und im Bad einen Heizlüfter vorgefunden habe. Da konnte ich meine Sachen trocknen und mich selbst aufwärmen. Im Bad fanden sich zudem ein Doppelwaschbecken, das ich nur zur Hälfte benutzt habe, und eine Badewanne. Leider ist die Standardisierung in Europa noch nicht so weit fortgeschritten, dass ein in Spanien erworbener Badewannenstöpsel auch in einer portugiesischen Wanne passt. So musste ich mich wieder mir einem Stück Folie behelfen, das während des Badevorgangs mit einem Hacken in den Abfluss gedrückt wurde.

Während ich im warmen Wasser langsam auftaute, konnte ich die vom Hausherren sicher eigenhändig gezogenen Silikonfugen bewundern, die ebenso wie nachträglich im Zimmer verlegte Kabelkanäle nicht auf übermäßiges handwerkliches Geschick schließen lassen. Den jungen Leuten ist zu wünschen, dass da nicht so häufig Reparaturen am Haus anfallen, sonst ist es bald vorbei mit der Noblesse.

Algarve - Tag 12