Unterwegs an der Algarve-Küste von Faro nach Lissabon
Tag 14 (Di, 18.3.2025) Alfarim - Almada / 34,7 km
Als ich heute früh aufgewacht bin, war schon wieder dieses furchtbare Rauschen zu hören. Bei genauerer Untersuchung stellte sich dann aber heraus, dass es dieses Mal kein Regen war, sondern die Klimaanlage, die noch damit zu tun hatte, meine Schuhe zu trocknen. Der Blick auf die Wetter-App versprach dann sogar, dass es den ganzen Tag trocken bleiben soll - und sie hatte Recht!

Allerdings hatte ich mich heute mit der Routenplanung etwas vertan. Mein ursprüngliches Ansinnen war, von Alfarim an die Westküste zu laufen und dieser denn nach Norden bis auf die Höhe von Almada zu folgen. Der Weg hätte teils am Strand und teils auf der Steilküste entlang geführt und wäre sicher sehr schön gewesen. Aber er würde zwischen der Lagune „Lagua de Albufeira“ und dem Meer auf dem Strand entlangführen. Nun hat jedoch die Lagune eine Verbindung zum Meer und nach dem Regen der letzten Tage bin ich davon ausgegangen, dass diese nicht ausgetrocknet ist und ich folglich an dieser Stelle durchs Wasser muss. Dazu hatte ich keine Lust, zumal das Wetter ja danach aussah, dass man mal einen Tag nicht von oben nass wird.

Also habe ich mich auf der Straße daran gemacht, die Lagune zu umrunden. Das habe ich allerdings ganz schnell bereut, denn am Rand der kurvigen, nicht sehr breiten Straße lief es sich gar nicht gut. Laufend musste ich ins Bankett treten, weil ein Entgegenkommender an mir vorbei wollte, obwohl er Gegenverkehr hatte. Ich hätte gleich umkehren und den Weg an der Küste wenigstens probieren sollen. Aber ich war der törichten Ansicht, dass der morgendliche Berufsverkehr ja irgendwann mal vorbei sein müsste. Der Verkehr hat aber keineswegs nachgelassen. Inzwischen war ich bereit, nasse Füße zu riskieren, nur um dem Straßenrand zu entfliehen. Aber die Abkürzung, die über zwei Zuflüsse der Lagune gegangen wäre, war durch die Umzäunung eines Vogelschutzgebietes versperrt.

Als ich dann endlich am östlichen Ende der Lagunenkette angekommen war, wo ich auf der anderen Seite der Seen zurück zum Meer laufen wollte, hatte sich leider furchtbarer Durst eingestellt. Die zweite Blödheit des Vormittags war nämlich, dass ich mich in Alfarim nicht ausreichend mit Getränken eingedeckt habe. Das wollte ich eigentlich, aber vor dem „Coviran“ war Verkehrschaos, weil vier Autos gleichzeitig auf die kleine Kreuzung wollten, drei davon rückwärts. Da wollte ich mich nicht auch noch dazwischen drängeln. Und warten, bis der Knoten aufgelöst ist, wollte ich auch nicht. Stattdessen wollte ich mich beim nächsten Supermarkt eindecken, aber da kam keiner mehr. Hätte ich hinter den Seen den Weg zurück zum Meer genommen, wäre ich noch zwei oder drei Stunden unterwegs gewesen, ohne einem Wirt oder einer Verkäuferin in die Augen blicken zu können. Also habe ich die geplante Route völlig verworfen und mich statt dessen weiter auf der Straße bis in den nur eine halbe Stunde entfernten nächsten Ort geschleppt, wo ich an einer Tankstelle meine trockene Zunge benetzen konnte.

Auf dem Weg dorthin bin ich an einem großen, im leicht brennbaren Wald gelegenen NATO-Munitionsdepot vorbeigekommen. Das Fotografieren habe ich da lieber sein gelassen, um nicht gleich als Spion aufzufallen. Auf der Landkarte ist eh mehr davon zu sehen, als durch den Zaun. Da fiel der Blick nur auf einen kleinen Sportplatz, wo sich ein paar gelangweilte Soldaten die Zeit vertrieben.

Ich war eigentlich der Meinung, dass man in geschlossenen Ortschaften durch die Benutzung des Bürgersteiges etwas dem Verkehr entfliehen kann. Aber, sofern es überhaupt Bürgersteige gibt, sind die entweder löchrig, zugewachsen, mit Mülltonnen vollgestellt oder zugeparkt. In Fernão Ferro, wo sich die rettende Tankstelle fand, waren die Bürgersteige auf beiden Seiten mit Sattelschleppern vollgestellt. Da der Verkehr hier noch stärker war, als außerhalb des Ortes und ich bei jedem zu passierenden Laster eine hinreichend große Lücke in der Fahrzeugkolonne abwarten musste, bin ich bei der nächsten Gelegenheit in ein Wohngebiet abgebogen und habe mir dort einen halbwegs in Richtung Norden führenden Weg gesucht.

In den mit Eigenheimen bestückten Wohngebieten trifft man nur selten auf eine Kneipe oder einen kleinen Supermarkt. Da fehlt die passende Klientel. Ich hatte das große Glück, noch in Fernão Ferro auf eine kleine Kneipe zu treffen, die zugleich Dorfkonsum war und sogar ein paar Kleinigkeiten zum Essen hatte. Da habe ich eine Empanada (Teigtasche) und ein leckeres Süppchen mit Kohlrabiblättern bekommen - zusammen mit einem Getränk für vier Euro! Das ist für einen bekennenden Geizkragen „ein gefundenes Fressen“.

Es fällt mir nun, nach ein paar Stunden, schon schwer aufzuzählen, durch welche Orte ich heute gekommen bin und was ich jeweils zu sehen bekam. Da war alles dabei: schicke Villen und heruntergekommene Hütten, schöne Waldwege und vollgemüllte Straßen, prima Straßenbelag und löchrige Pisten. Ich habe mich bezüglich der missglückten Routenplanung damit getröstet, dass ich in den zurückliegenden zwei Wochen schon so viele Strände und Klippen gesehen habe und es nun mal Zeit wäre, sich im Hinterland umzusehen. Und so habe ich die vielen schönen und die unschönen Eindrücke aufgesogen. Als grauenhaft ist mir in Erinnerung geblieben, dass ich auf einem Autobahnrastplatz einen McDonald gesehen habe und nicht hingekommen bin, weil das Gelände lückenlos eingezäunt war.

Die in Spanien so gern genutzte Service-Straße neben der Autobahn war ab besagter Raststätte der einzige Weg und der war gefühlt stärker befahren als die Autobahn selbst. Ich war heilfroh, als ich endlich in Quinta das Lagoas angekommen war und dort meinen Fuß auf einen richtigen Fußweg setzen konnte. So ging es unter der Autobahn hindurch zu einem Aldi, wo ich mir die Zutaten für ein noch vor der Tür zelebrierten Picknick geholt habe. Ab hier wurde es großstädtisch. Neben der Straße gibt es einen breiten Fuß- und manchmal sogar einen Radweg. Außerdem fährt neben der Straße eine im 5-Minuten-Abstand verkehrende Straßenbahn. So ging es durch verschiedene Lissaboner Vororte bis nach Almada, wo ich Quartier in der Jugendherberge genommen habe. Nur das letzte Wegstück dorthin war nicht vom rauschenden Verkehr begleitet, sondern führte an einem auf dem Berg gelegenen Hospital vorbei.

Die Jugendherberge ist ein leider schon etwas in die Jahre gekommener, grandioser Bau in perfekter Lage: in vorderste Front auf einem Berg gelegen mit einem unverbauten Blick auf die westlichen Stadtviertel von Lissabon. Alle Zimmer haben Fenster mit Blick auf den Tejo und Lissabon am anderen Ufer. Gleich daneben, aber nicht hörbar ist die Auffahrt zu der markanten Hängebrücke „Ponte 25 de Abril“, die den Tejo überspannt und der Golden Gate Bridge in San Francisco so ähnlich ist. Gleich dahinter ist die monumentale, 28 Meter hohe Christus-Statue, die auf einem 82 Meter hohen Sockel steht und die gegenüber liegende Stadt umarmen will. Wie ich mich zwischenzeitlich belesen habe, hatten 1940 die portugiesischen Bischöfe gelobt, eine solche Statue zu errichten, wenn Portugal im zweiten Weltkrieg verschont bleibt. Sie haben ihr Versprechen gehalten und 1949 mit dem Bau begonnen. Als Vorlage diente unverkennbar die um 1930 eingeweihte Christus-Statue von Rio de Janeiro, die mit 30 Metern Höhe nur wenig höher ist, als die hiesige. Morgen werde ich mir diese genauer ansehen. Jetzt genieße ich noch den Blick auf die hell erleuchtete Stadt und die imposante Hängebrücke, bevor ich ins Bett gehe.

Algarve - Tag 14