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Unterwegs an der Algarve-Küste von Faro nach Lissabon | ![]() |
Tag 16 (Do, 20.3.2025) Ausflug nach Sintra
Eigentlich hätte ich in meiner Koje ganz prima schlafen können, denn die Matratze war ok und die Schallisolierung eigentlich ganz gut. Dass draußen heftiger Wind bläst, war zu hören, aber nicht störend. Aber trotz geschlossener Fenster kam durch irgendwelche Ritzen noch so viel Luftzug im Zimmer an, dass die Tür zum Nachbarzimmer laufend schepperte. Ich bin ein paar Mal raus, um einen der Türflügel aufzusperren und mit einem Stuhl am Zuschlagen zu hindern, aber irgendjemand hat das nicht kapiert, den Stuhl beiseitegeschoben und die Tür geschlossen, womit das Spiel von Neuem begann.
Morgens setzte dann irgendwann der Flugverkehr ein. Der Flughafen ist zwar am anderen Ende der Stadt, aber die Maschinen sind offenbar alle in Richtung Süd-West über unser Stadtviertel abgeflogen. Da ich fast mein ganzes Leben in einer Einflugschneise gewohnt habe, stört mich das nicht wirklich. Aber jetzt, da Tegel zu und der BER auf ist, und nur noch selten was über unser Dorf fliegt, fallen mir die Fluggeräusche plötzlich auf. Bei der Morgenprozedur im Waschraum flog auch gerade was über uns hinweg. Aber plötzlich waren da die aus Kriegsfilmen bekannten Stuka-Geräusche, die mich erschreckt haben. Dann habe ich jedoch mitbekommen, dass der junge Mann am Waschbecken neben mir nur eine monströse elektrische Zahnbürste in Betrieb gesetzt hat. Der Schreck hat gesessen. Apropos Waschbecken: Das sind hier wieder welche in dem Format, das kein Sockenwaschen zulässt, weil die Socken gar nicht in voller Länge reinpassen. Schlimmer ist eigentlich, dass man beim Waschen seine Sachen nirgendwo hinlegen oder anhängen kann. Auf dem schmalen, schrägen Ablagebrettchen kommt sogar eine konventionelle Zahnbürste ins Rollen. Das habe ich mir doch gedacht, dass ich auch bei diesem Quartier einen Makel finde. Nicht zu beanstanden war das Frühstück, das wieder Wurst, Käse und sehr guten Automatenkaffee in allen denkbaren Varianten zu bieten hatte. Sogar Gurke und Tomaten gab es und die Liebhaber süßer Sachen haben sich zudem über Croissants und Pastel del Nata freuen können. Etwa um neun bin ich los, da war richtig schönes Wetter: blauer Himmel und nur am Horizont ein paar weiße Wölkchen. Von Wind keine Spur. Als Wetter-App-gläubiger Mensch bin ich ohne Sonnencreme und -brille los. Bergauf und -ab, wie hier wohl jeder Weg in der Stadt verläuft, bin ich direkt zum Bahnhof Lissabon-Rossi und von dort mit dem nächsten Zug nach Sintra gefahren, wo es auf und um einen Berg verteilt eine maurische Burg und einige Paläste zu besichtigen gibt. Das Ausflug dorthin wird in jedem Reiseführer dringend empfohlen und das haben offenbar auch viele gelesen, denn der Bahnsteig war ziemlich voll, als ich ankam. Aber die Portugiesen denken mit und haben in diesem wunderbaren alten Kopfbahnhof aus Eisen und Glas die Bahnsteige so angelegt, dass man von beiden Seiten gleichzeitig einsteigen kann. Da der Zug zudem mit schon ausgefahrenen Trittbrettern ankommt, beschleunigt das die Abfertigung enorm. Der Zug, eine hiesige „S-Bahn“ mit Oberleitung, war richtig lang, so dass sich die Leute gut verteilt haben. 45 Minuten dauert die Fahrt und die war ganz entspannt. Draußen gab es viel zu sehen - vorwiegend Neubauviertel, die sich eigentlich bis Sintra hinziehen. Zwischendurch aber auch in mehreren Orten Aquädukte, mal niedrig und unscheinbar, mal so wie man sie von Postkarten kennt. In Sintra wälzte sich dann der gesamte Inhalt des Zuges in Richtung Stadtzentrum. Da manche nicht so schnell sind und alle halbe Stunde ein neuer Zug ankommt, ergießt sich ein nicht abreißender Touristenstrom über den kleinen Ort. Dort verteilen sich die Ankommenden auf die Gaststätten, Souvenirläden und Sehenswürdigkeiten. Vor dem „Palácio Nacional de Sintra“, der mit seinen kegelförmigen Schornsteinen die Silhouette prägt und Vorlage für das Logo der Stadt war, hatte sich schon eine etwas längere Schlange gebildet. Da hatte ich keine Lust, mich einzureihen. Ich wollte lieber ein Stück laufen und praktisch „von hinten“ zum weithin sichtbaren, mehrfarbigen „Palácio de Peña“ und zur Maurenburg „Castelo do Mouros“, die auf 500 m bzw. 460 m hohen Bergen liegen - Sintra selbst liegt etwa auf 200 m Höhe. Wegen der Entfernung und der Höhe fährt wohl die Mehrzahl der Touristen mit dem Bus, der auf einer Rundtour alle Sehenswürdigkeiten abklappert. Nach Besichtigung der St.-Martin-Kirche im Ort und einem Besuch der Touristeninformation bin ich losgelaufen. Am Seteais Palace, einem jetzt als Nobelhotel dienenden Palast aus dem 18. Jahrhundert, von dem aus man einen guten Blick übers Land hat, lichtete sich die Schar der Läufer. Nur wenige haben sich wie ich auf den 75-Minuten-Weg zum Peña-Palast gemacht. Leider setzte da gerade ein kurzer Regen ein, der es angebracht erschienen ließ, sich erstmal unterzustellen. Als es dann weiter ging, kam uns Polizei entgegen und forderte uns auf, umzudrehen, weil die Straße wegen Unwetterschäden gesperrt ist. Also habe ich doch den Wanderweg (PR4SNT) genommen, der gegenüber dem Seteais-Palast zwischen zwei Grundstücksmauern bergauf führt. Diese Schneise wollte ich eigentlich meiden, weil sich da wieder Weg und Bächlein den Platz teilen. Mit etwas Balancieren bin ich dann aber doch ganz gut und mit trockenen Füßen oben angekommen. Die Straße, auf der ich gelandet bin, ist jene, die „von hinten“ zum Peña-Palast und zur Maurenburg führt, der Weg zwischen den Mauern war also nur eine Abkürzung. Auf der Straße zeigte sich dann, dass hier in den letzten Tagen ordentlicher Sturm gewütet hat. Es lagen nicht nur viele abgerissene Äste auf der Straße. Es waren auch viele Bäume umgeknickt oder entwurzelt und manche lagen quer über der Straße, so dass ich wiederholt irgendwo rüberklettern oder unten durch kriechen musste. Die Bruchstellen bzw. die sichtbar gewordenen Wurzeln der Bäume bewiesen, dass die in den letzten Tagen, manche vermutlich in der vergangenen Nacht umgestürzt sind. Es hatten sich noch keine Trampelpfade um die Hindernisse herum gebildet und nur vereinzelt ist schon eine Kettensäge im Einsatz gewesen. Eigentlich hätte man denken können, dass heute unentwegt Kettensägen im Einsatz sind, aber es gibt vielleicht gar nicht genug, um die Schäden schnell zu beseitigen. An den Zugängen zum Park, der den Peña-Palast umgibt, waren die Tore geschlossen und Schilder verwiesen darauf, dass der Palast geschlossen ist. Auf der angegebenen Webseite erfuhr man, dass dieser und weitere Paläste des schlechten Wetters wegen am 19. und 20. März geschlossen sind. Wenn es in den Parkanlagen so aussieht wie auf der Straße, wird man wohl noch Wochen brauchen, um die Wege wieder gangbar und damit den Palast zugänglich zu machen. Zwischen den Zugängen zum Peña-Palast und dem zur Maurenburg sah es besonders schlimm aus. Da waren links und rechts an der Straße jenseits der Mauern stehende Bäume umgestürzt und ineinander gefallen. Die Baumkronen hatten sich dabei so verhakt, dass ein fast undurchdringlicher grüner Wall entstanden ist. Daran vorbei kam man nicht, da ja auf beiden Seiten Mauern sind. Mit Durchkriechen war da auch nichts, nur mit Rüberklettern über das meterhohe Gestrüpp. Und das war wirklich eine Herausforderung und hat eine Weile gedauert. Ein deutsches Paar, das nach mir kam, hat sich durch meine Kletterei durch die ineinander verhakten Baumkronen ermutigt gefühlt und hat es auch probiert und geschafft. Wie nicht anders zu erwarten, stand auch am Zugang zur Maurenburg, dass diese geschlossen ist. Bis dort hätte man zwar von Sintra aus auf direktem Wege fahren können, aber wer weiß, wie es auf den Wegen hoch zur Burg aussieht. Als ich dann auf dieser Straße wieder runter nach Sintra kam, fiel mir auf, dass ich nirgendwo im Ort einen Hinweis darauf gesehen, dass Peña-Palast und Maurenburg geschlossen sind. Irgendwie müssen das aber die Touristen mitbekommen haben, denn es kam mir kaum jemand entgegen. Offenbar wollten die Leute fast alle mit dem besagten Bus fahren und haben dann an der Haltestelle mitbekommen, dass nichts fährt, weil nichts offen ist. Kurz bevor ich wieder in Sintra war, begann es zu regnen, erst leicht, aber dann stärker werdend. Da blieb mir nichts anderes übrig, als mich unterzustellen. Auf dem mit einer Plane überdachten Innenhof einer Gaststätte hat man mich zwar geduldet, aber irgendwann war es mir unangenehm, da umsatzschädigend im Wege zu stehen. Ich habe mich daraufhin zu vier Engländern an den Tisch gesetzt und wenigstens eine Kleinigkeit und was zu trinken bestellt. Auch danach war der Regen nicht vorbei, nicht mal weniger geworden. Da ich zwar trocken saß, aber mir langsam kalt wurde, bin ich los und schnell in den Palácio Nacional, den ich am Vormittag geschmäht hatte. Ich hatte gehofft, dass es da nicht nur trocken, sondern auch warm ist, weil man doch üblicherweise in Museen eine Möbel und Bilder schonende Temperatur hält. Hier war das nicht der Fall. Es war lausig kalt und an vielen Stellen standen Eimer, um das von der Decke tropfende Wasser aufzufangen. Der Rundgang war zudem so angelegt, dass man wiederholt ins Freie musste. Die Aufsicht hat auch strikt darauf geachtet, dass man keine trockene Abkürzung nimmt. Zu sehen gab es eigentlich nicht viel in dem Palast. Alle Räume hatten einen Fliesensockel, aber das ist in Portugal nichts Besonderes. Richtig beeindruckend war eigentlich nur ein großer, fast quadratischer Raum mit Fenstern auf allen vier Seiten, großen Wandbildern auf Fliesen, darüber die Wappen und Namen von 72 einst einflussreichen Familien und als Krönung eine goldene Kuppel. Einzigartig war noch die große Küche, über der sich die beiden 32 Meter hohen, kegelförmigen Schornsteine erheben. Als ich mit meinem Rundgang fertig war, hatte zum Glück der Regen etwas nachgelassen, weshalb ich mich schnell zum Bahnhof begeben und den nächsten Zug zurück genommen habe. In Lissabon angekommen, war sogar eine richtige Regenpause, so dass ich ganz gemütlich zu meiner Unterkunft laufen und ohne Eile zwischendurch einkaufen konnte. Im Hostel eingetroffen, hat es dann aber bald wieder angefangen, kräftig zu regnen. Zuhause soll alles staubtrocken sein … |
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Algarve - Tag 16 | ![]() |