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Unterwegs auf der Via del Estrecho / Via Augusta von Gibraltar nach Santiago | ![]() |
Tag 8 (Mi, 20.11.2024) Von Cádiz nach El Puerto de Santa Maria / 37,3 km
Ich habe mich gefreut, dass ich noch vor dem auf dreiviertel sieben gestellten Wecker aufgewacht bin. Da ich schon am Abend meine Sachen auf die umstehenden Stühle verteilt hatte, um nicht den letzten verbliebenen Mitbewohner, den Engländer George, durch die knarrende Gepäckbox unterm Bett zu wecken, ging das Einpacken schnell und geräuschlos. Um viertel acht bin ich dann einen Stock höher zur Küche, um mir einen Kaffee aufzubrühen und das am Abend übrig gebliebene halbe Baguette zu belegen. Aber die Küche, wo ich Wurst und Käse im Kühlschrank hatte, war zu. Auf einem langen, mit kleiner Schrift bedruckten Zettel mit Verhaltensregeln habe ich im Text „8.00 … 23.00“ entdeckt. Mist. Eine Frau, die mit dem Laptop unterm Arm dazukam, war genauso verärgert. Sie wollte im benachbarten Aufenthaltsraum arbeiten, was aber ohne Kaffee nicht ging. Ich bin zur Rezeption, aber die war sogar bis um neun nicht besetzt. Ich habe überlegt, ob ich meinen Kram im Kühlschrank lasse und loslaufe, oder ob ich warte.
Schließlich habe ich den gepackten Rucksack im Zimmer stehen lassen und noch eine morgendliche Runde durch die Stadt gedreht. Das war schön und interessant, aber eigentlich wollte ich ja zeitig aufbrechen. Im Hafen lag vorn eine anderes Kreuzfahrtschiff als gestern, die „AIDA diva“, dahinter mindestens ein zweites, noch größeres. Am Tag zuvor hatte ich drei gezählt, darunter eine „Costa …“, die alle überragte. Auf dem Platz vor der Kathedrale war zu meiner Freude die teilweise eingerüstete Jakobskirche, die „Iglesia de Santiago Apóstol“ offen. Die ist innen nicht sonderlich schön, aber üppig ausgestattet. Allein auf dem Altar standen etwa 100 Kerzen. Unter den vielen Figuren und Bildern an den Wänden konnte ich leider nur einen Jakobus finden, der in einer geschnitzten Figurengruppe vor Maria kniet. Im Altarraum war der Pfarrer mit Vorbereitungen für den Morgengottesdienst beschäftigt. Von dem habe ich einen richtig schönen Stempel bekommen, so wie man ihn sich für den Start auf einem Camino wünscht. Hier und nicht an der benachbarten Kathedrale beginnt nämlich die nach Sevilla führende Via Augusta, wie die Angabe „km 0“ zusammen mit der Jakobsmuschel neben der Kirchentür bezeugen. Um acht war ich zurück im Hostel. Da war die Küche leider immer noch verschlossen. Erst zehn Minuten später kam eine Dame, um aufzuschließen. So war es schon fast um neun, als ich gut gefrühstückt aufgebrochen bin. Das war wieder spät für einen langen Weg. Ich wollte mindestens bis Puerto Real, vielleicht sogar bis El Puerto de Santa Maria kommen, weil ich da günstigere Übernachtungsmöglichkeiten gefunden hatte. Es ging zunächst auf der Atlantikseite von Cádiz gen Süden, auf einer schönen Uferpromenade, die auf der Landseite von etwa zehngeschossigen Wohnhäusern flankiert wird. Im Gegensatz zu anderen Küstenorten waren darin aber nicht nur Ferienwohnungen. Hier wurde richtig gelebt und auf der Promenade waren auch um diese Zeit schon einige Leute unterwegs. Hinter den letzten Wohnbauten trifft man nochmal auf eine Art Stadtmauer und auf ein kleines Militärgelände, an dem die Promenade endet. Hier fängt der Damm an, der Cádiz mit dem Festland verbindet. Darauf befindet sich die zweigleisige Eisen- und Straßenbahnstrecke, die viel befahrene CA 33, eine Servicestraße mit einem durchgehenden Parkstreifen, auf dem man unbegrenzt kostenfrei stehen kann, und zum Atlantik hin Dünen und ein breiter Strand. Hier kann man also zum Baden bis an einen der hölzernen Dünen-Übergänge heranfahren und das Auto dort umsonst stehen lassen. Während ich da lief, fuhren auf den Gleisen außer der Straßenbahn auch ein viergliedriger Regionalzug des Eisenbahnunternehmens „renfe“ und sogar ein Hochgeschwindigkeitszug „AVE“ - die Variante mit der langen, flachen Schnauze, die dem Zug das Aussehen eines Krokodils verleiht. Auf der Hälfte des Damms steht am Straßenrand ein Restaurant, an dem die Servicestraße endet. Dahinter geht es stattdessen auf einem gut planierten Wanderweg weiter. Der Damm macht schließlich auf der Höhe eines weiteren Militärgeländes einen Knick nach links. Rechts kommt eine Landschaft hinzu, wie ich sie zwischen Chiclana und San Fernando durchquert habe: eine von Wasserläufen und -becken zersetzte Fläche, die nur mit knie- bis hüfthohen Sträuchern bewachsen ist und damit einen weiten Blick darüber hinweg erlaubt. Sie ist Teil des Naturparks „Parque Natural de Bahia de Cádiz“. Der Rio Arillo, der dieses Gebiet durchzieht, trifft am Damm auf eine ehemalige Mühle, die mit horizontalen Schaufelrädern den nur geringen Höhenunterschied gegenüber dem Wasserstand in der Bucht ausnutzte. Über den Gleisen tut sich schließlich eine Brücke auf. Hier werden Eisen- und Straßenbahn entflechtet. Die Eisenbahnstrecke schwenkt leicht nach links und passiert San Fernando auf der Seite der Bucht, während die Straßenbahn über die Brücke in die Stadt hineinfährt. Ein Stück verkehrt die Straßenbahn auf einem mit Kunstrasen ausgelegten eigenen Gleiskörper und dann durch die Fußgängerzone, die sich durch die ganze Stadt zieht. Wenn es eng wird, ist mal ein Stück eingleisig. Es macht Spaß da zu laufen, zumal es dort viele Geschäfte und einige attraktive alte Häuser gibt. Inzwischen war es schon früher Nachmittag und die Vorschulkinder wurden abgeholt. Die waren mit ihrer einheitlichen Schulkleidung schön anzusehen. Am Nordende der Fußgängerzone kommt man an einen Kreisverkehr, wo die nach links abgehende Straße zu nehmen ist. Die trifft nach einer Weile wieder auf die Eisenbahnlinie und damit auch auf den Jakobsweg. Der geht nämlich lt. Karte nicht durch die Fußgängerzone, sondern verläuft am westlichen Stadtrand entlang der Bahnlinie. Hinter der Eisenbahnunterführung bin ich den Schildern folgend entlang der Bahn gelaufen. Über den Caño de Sancti Petri führt parallel zur Bahnbrücke auch eine Straßenbrücke, die allerdings einspurig und nur mit Vorfahrtsregelung statt Ampel ist. Aber das funktioniert auch. Links und rechts sind schmale Fußwege mit einem rostigen Geländer, das man aber besser nicht anfassen sollte. Hinter dem Fluss geht es auf einem sandigen Weg entlang der Bahnlinie weiter, wieder durch die beschriebene Naturpark-Landschaft. Inzwischen war es um drei und der Routenplaner sagte mir, dass es bis El Puerte de Santa Maria noch 16 km, also vier Stunden sind. Ankunft folglich um sieben, wenn es schon dunkel ist. Trotzdem habe ich dort ein Zimmer im Hotel Campomar Playa gebucht, da angeblich nur noch eins zu einem günstigen „Jahresendpreis“ verfügbar war - nach der Buchung war da allerdings immer noch „nur noch eins verfügbar“ zu lesen. In der Begrüßungsmail stand, dass die Rezeption bis acht besetzt ist. Das war gut zu schaffen, viel Spielraum zum Trödeln war da aber nicht gegeben. In Puerto Real führt der Weg in voller Länge durch die Stadt. Zunächst sehr schön entlang der ersten Hausreihe am Wasser, dann auf einer schmalen Straße durch die Altstadt. Dort hat man vor ein paar Jahrhunderten nicht mit Autoverkehr gerechnet, zumindest nicht damit, dass Autos und Menschen gleichzeitig durch die Straßen wollen. Folglich hat man keinen oder nur einen ganz schmalen Fußweg gebaut. Trotz Einbahnstraße wird es da mitunter eng. Das hat wohl die Kartenzeichner dazu bewogen, den Camino im Zickzack entlang verschiedener Straßen mit vermutlich besseren Gehbedingungen zu legen. Aber dafür war ich nicht zu haben, sondern bin todesmutig geradeaus weiter. Mütter mit Kinderwagen, die in der Straße wohnen, müssen schließlich auch da lang. (Ich habe allerdings keine gesehen, vielleicht sind die doch schon weggezogen.) Am Ortsende geht es in einem Bogen über die Eisen- und die Autobahn in ein modernes Gewerbegebiet mit einem Airbus-Werk und einer Fakultät der Uni von Cádiz. Hier war ich nach 30 km und fast acht Stunden an jener Stelle, an der ich nach etwa zwei Stunden gewesen wäre, wenn man über die nun wieder gut zu sehende Schrägseilbrücke hätte laufen dürfen! Schon nach wenigen Metern, noch vor Erreichen des Uni-Campus biegt der Weg rechts ab, wieder in den Naturpark, der dieses Mal zwar auch von einem Fluss durchflossen wird, aber ansonsten fast frei von Wasser ist, zumindest vom Weg aus gesehen. Der Bewuchs ist auch etwas höher, dafür lockerer. Von weitem gesehen ist das eine große grüne Fläche. Der künstlich angelegte Weg ist sehr breit und bis auf zwei scharfe Knicke an der Flussquerung schnurgerade. Da sind am Nachmittag einige Spaziergänger und Jogger unterwegs. Über den Fluss geht es auf einer Holzbrücke, deren Boden aus alten Bahnschwellen besteht. Da freut man sich, dass die hier eine größere Spurweite haben als wir (1668 statt 1435 mm). Das ergibt etwas mehr Platz zum Laufen. Auf der letzten Geraden angekommen, war Zeit für den Sonnenuntergang (18.13 Uhr), der ohne Wolken nicht ganz so spektakulär war, aber zusammen mit der Schrägseilbrücke am Horizont schöne Bilder ergab, die mit einer richtigen Kamera natürlich noch viel besser wären. In El Puerto de Santa Maria führte der Weg auf die Hauptstraße, die sich durch den Ort zieht und auf einer Brücke über den Rio Guadalete, die beide Ortshälften verbindet. Mein recht ordentliches 3-Sterne-Hotel liegt zum Glück in einer sehr ruhigen Seitenstraße in der ersten Stadthälfte. Es ist eine schöne Anlage mit mehreren zweistöckigen Häusern. Das Zimmer ist nicht riesig, dafür aber das tadellose Bad. Für 32 € ist das wirklich ein Schnäppchen. |
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Via del Estrecho / Via Augusta - Tag 8 | ![]() |
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