Unterwegs an der Costa del Sol von Almeria nach Gibraltar
Tag 2 (Sa, 11.1.2025) Von El Ejido nach Abuñol / 35,5 km
Dank des frühen Schlafengehens war ich heute auch zeitig wach. Um fünf wollte das Wiedereinschlafen nach dem Klogang nicht mehr klappen. Da habe ich die Heizung nochmal ordentlich aufgedreht und mich zum Schreiben des noch ausstehenden Berichtes aufrecht ins Bett gesetzt. Um sieben gab es dann Frühstück mit einem ordentlichen Häufchen Café Crema aus der gestern erworbenen Dose und heißem Wasser aus einem arabischen Kaffeekännchen, das ich auf dem Gasherd erhitzt habe. Der „Salafistenhose“ zufolge ist der Vermieter, ein junger Mann, der sich gestern noch vorgestellt hat, ein Araber. Das erklärt, warum die Einrichtung von Wohn- und Schlafzimmer weniger mitteleuropäischen Standards, sondern eher den Bedürfnissen einer arabischen Großfamilie entspricht. Wie das großflächig mit der flachen Hand aufgetragene Silikon an der Duschkabine vermuten lässt, handelt es sich bei dem jungen Mann auch eher um einen Akademiker, als um einen Handwerker. Aber es war sauber und warm.

Um acht bin ich aufgebrochen und vorbei am modernen Justizpalast und dem großen Einkaufszentrum zur Hauptstraße gelaufen, die sich von Ost nach West durch den Ort zieht. Da habe ich gestaunt, wie groß und ordentlich El Ejido ist. Im Zentrum war es tadellos sauber. Es waren einige Kehrmaschinen im Einsatz und da die Bürgersteige nass waren, hat man offenbar mit einem scharfen Wasserstrahl nachgeholfen. Ich bin auch an einigen Baustellen vorbeigekommen, die leider den Blick auf den Sonnenaufgang (8.24 Uhr) versperrten, aber Zeugnis davon gaben, dass sich diese inmitten der Plantagen liegende Stadt noch entwickelt. Am Ortsausgang konnte ich zwischen der Landstraße durch die Plantagen und der Servicestraße entlang der Autobahn wählen. Ich habe letztere genom­men, da die nicht nur etwas kürzer, sondern auch weniger befahren ist. Hier sind nur ein paar Anlieger unterwegs, meist Bäuerlein, die zu ihren Gewächshäusern wollen. Da kann man auch ohne Fußweg gut und sicher laufen. Es ist nur ziemlich laut, was mir mit dem fast tauben, linken Ohr an der Fahrbahn aber weniger ausmacht, als jemand, der mit beiden Ohren Krach wahrnimmt.

Heute sind, wie angekündigt, ein paar Wolken am Himmel, welche das Sonnenlicht angenehm dimmen. Regen ist wohl kaum zu erwarten, so dass der etwa zwei Meter breite und ebenso tiefe, betonierte Graben zwischen Autobahn und Servicestraße sowie die breiten Wasser-durchlässe unter der Autobahn trocken bleiben werden.

Kurz vor Balanegra endet vorerst die Servicestraße auf der Nordseite der Autobahn und man muss auf die andere Seite wechseln und dort auf der N-340A weiterlaufen. Dummerweise ist gerade an dieser Stelle die Autobahn wegen des Neubaus einer Brücke gesperrt und der gesamte Autobahnverkehr verläuft über diese Straße. Aber da gibt es einen sehr breiten Randstreifen, so dass man keiner Gefahr ausgesetzt ist.

Balanegra hat eine schöne, zum Wasser führende Promenade - das war es dann aber auch schon. Nimmt man den kürzesten Weg zum Strand, dann kommt man durch eine Wohn­siedlung sowie ein paar aufgegebene Felder und stößt schließlich auf eine Häuserreihe mit Ferienwohnungen, vor der sich eine schön gepflasterte und mit Palmen bestandene Uferpromenade langzieht. Da konnte ich auf einer Bank schön Picknick machen - nur vier Leute sind in der Zeit vorbeigekommen.

Auf einem Trampelpfad durch die Folienzeltreihen, die sich an die Urbanisation am Wasser anschließen, bin ich wieder auf die Straße gekommen, die parallel zur Küstenlinie nach Adra führt. Links, zum Wasser hin, stehen wieder Folienzelte und rechts geht es den Berg hoch, allerdings recht mäßig. Kurz vor Adra schwenkt die Straße dann ein Stück ins Landesinnere. Da kann man abkürzen, wenn man die Straße nimmt, die durch die Plantage führt. Auf der war heute nicht viel los. Es hat nur immer mal ein Bauer nach seinem Gemüse geschaut. Da die Seitenwände der Zelte zumindest teilweise aus Gaze sind, konnte ich immer mal einen Blick rein werfen. Ein paar waren mit Zucchini bestückt, die Mehrzahl aber mit Paprika, meist im XXL-Format. Alte Zelte, deren hölzerne Stützen vor Jahrzehnten geschnitzt wurden, wechselten sich ab mit ganz neuen, die über Metallstützen verfügen und betonierte Wege zwischen den Pflanzenreihen haben.

Was allen Zelten gemein ist, ist der Müll, der vor ihnen rumliegt. Ein paar wenige Leute scheinen da auch zu wohnen. Da lag der Müll so hoch vor der Tür, dass die sich eine Schneise geschippt haben, um aufs Grundstück zu kommen. Ganz besonders ärgerlich ist, dass auch am Ufer, das man mit einem immensen Aufwand gegen Sturmfluten gesichert hat, ein Müllhaufen am andern liegt: Folie, Schläuche, Garn, Gemüsekisten, verfaulte Paprika usw. Alles Sachen, die man zweifelsfrei den Plantagenbesitzern in Gänze zuordnen kann. Dazu noch alle Dinge, die man bei der Ernte braucht, also z. B. Bierbüchsen und Zigarettenschachteln. Beim nächsten heftigen Windstoß fliegt das alles ins Meer. Und dann wundert sich wieder jemand, dass mehr Plastik im Fisch als drum herum in der Verpackung ist. Deutschland ist zwar als Retter der Welt auserkoren worden, aber einen winzigen Beitrag könnten auch die Spanier leisten. Da sicher auch EU-Subventionen an die Paprikabauern gehen, sollte man diese mal wie bei uns an Umweltauflagen knüpfen und letztere dann auch kontrollieren. Es ist schlimm, wie solch ein schönes Land im Müll versinkt. In Galizien ist mir das in dieser Brutalität nie untergekommen.

Entlang der aus großen Felsbrocken aufgeschichteten Brandungsmauer und den begleiten­den Müllhaufen ging es dann nach Adra hinein. Ob-wohl die schräg ins Wasser abfallende Mauer sehr stabil aussieht, hatten offenbar einige Bauunternehmer Zweifel an der Stabilität und haben ihr an manchen Stellen noch eine Deckschicht aus Bauschutt verpasst.

In Adra selbst bin ich zum Glück für das Gesehene entschädigt worden. Da gibt es wieder breiten Strand, eine schöne Uferpromenade und eine recht ordentliche Bebauung. Der Sand am Stand ist übrigens dunkelgrau und grobkörnig, was aber dem Badevergnügen sicher nicht abträglich ist. Gestern habe ich einen Traktor beobachtet, der ein Gerät hinter sich her zog, welches den Sand umgepflügt, gesiebt und geharkt hat. Da, wo in der Saison geballt Touristen auftreten, tut man was, um sich deren Zufriedenheit zu sichern.

Hinter Adra ging es so weiter, wie ich es gestern lieben gelernt habe: auf einer am Wochenende nur mäßig befahrenen Straße, ganz dicht am Wasser, aber etwa 50 Meter über diesem. Rechts davon, nochmal 50 Meter höher, verläuft die Autobahn, die man meist nur sieht, wenn dort ein großer LKW fährt, oder wenn sie auf einer kühnen Brücke eine Schlucht überquert. Die Küste ist hier nicht ganz so steil, so dass sich zumindest für die N-340A Tunnel erübrigen. Aber man hat dort einiges vom Berg abgetragen und Brücken gebaut, um den Straßenverlauf zu begradigen. An einigen Stellen kann man noch sehen, welche engen Bögen die Straße früher dort machte, wo die Küstenlinie zerklüftet ist.

Abgesehen von zwei, drei kleinen Ortschaften und ein paar einzelnen Gehöften war ich von Adra bis zu meinem ca. 12 km entfernten Tagesziel nur von Natur umgeben. Links das Wasser, oben der inzwischen wolkenlose Himmel und rechts die Berge. Ein Stück haben mich vier Gämsen begleitet - ich denke zumindest, dass es welche waren. Die haben, stets Abstand haltend, neugierig geschaut und sind mir auf dem felsigen Berghang eine Weile gefolgt. Oft bekommen die wohl keine Fußgänger zu sehen. Auf dem letzten Stück ging es zwar nochmal bergauf, aber das habe ich ganz gut weggesteckt. Es ging heute schon besser als gestern, was sicher nicht nur daran lag, dass der Weg etwas kürzer war. Man muss halt erstmal wieder „reinkommen“.

Mein heutiges Quartier, die sehr ordentliche und ansprechend einge-richtete Pension „Cortijo de la Fuente“ liegt in einer Einbuchtung der Küstenlinie direkt an der Straße, aber mit Blick auf das Meer. Die Autobahn und eine ihrer Abfahrten überspannen auf separaten Brücken die kleine Siedlung, zu welcher die Pension gehört. Auf der Terrasse hört man zwar die Autos vorm Haus und darüber, aber im Zimmer ist es leise. Da summt im Moment nur ein kleiner Heizlüfter, der mir mollige Wärme und den frisch gewaschenen Socken Trocknung bescheren soll.

Costa del Sol - Tag 2