Unterwegs an der Costa del Sol von Almeria nach Gibraltar
Tag 7 (Do, 16.1.2025) Von Rincón de la Victoria nach Málaga / 19,1 km
Heute ist Ruhetag angesagt. Es sind nur noch 12 Kilometer bis zu meinem Quartier in Málaga. Ich werde wohl schon am Mittag da sein und mich dann in der Stadt umsehen. Bezüglich der Unterkunft habe ich hier mal richtig tief in die Tasche gegriffen und nicht ein Bett für 10…12 € genommen, sondern stolze 15 € für eine Unterkunft mit Meeresblick investiert. Wie üblich habe ich nach der Buchung die Unterkunft angeschrieben und mit Rücksicht auf mein fortgeschrittenes Alter um ein Bett in der unteren Etage der Doppelstock­betten gebeten. Zurück kam hier nicht nur die Standardantwort, dass man sich bemüht, meinen Wunsch zu erfüllen, aber nichts versprechen könne. Es war noch der Hinweis angefügt, dass die Unterkunft nur über eine Treppe mit 70 Stufen zu erreichen ist und die Empfehlung einer anderen Herberge, falls mir das zu beschwerlich wäre. Da hatte ich wohl etwas zu stark auf die Tränendrüsen gedrückt. Ich habe mich ganz artig für den Hinweis bedankt und nur darauf verwiesen, dass Treppen kein Problem wären, sondern lediglich die nächtlichen Klogänge. Zu sehr wollte ich jetzt nicht mit Lauf- und Steigleistungen prahlen, sonst nimmt man das mit der Gebrechlichkeit eventuell nicht ernst.

Meine gestrige Weihnachts-Pension lag wie gesagt am Berghang und zum Supermarkt ging es komischerweise sowohl auf dem Hin-, als auch auf dem Rückweg weiter bergauf. (Meinem Wanderfreund Manfred, der peinlich darüber wacht, ob ich denn die Oberbarnimer Feldsteinroute mit 41,5 km an einem Tag schaffen würde, sei gesagt, dass es gestern samt „Einkaufsbummel“ wieder nur 40,7 km waren. Ich arbeite dran!)

Heute ging es mit dem Sport gleich weiter. Am Ende der Strand-promenade von Rincón de la Victoria ging es bei der ersten Klippe durch einen Fußgängertunnel, bei den folgenden konnte man zwischen Tunnel und einem nur aus Treppen bestehenden Weg um die Klippe herum wählen. Ich habe mal dies und mal jenes probiert. Im Tunnel konnte ich meine Schallausbreitungsforschungen fortsetzen. Auch wenn zwei schwatzende Frauen den Tunnel betreten, hört man das bis zum anderen Tunnelende. Da habe ich wieder mal meine fehlenden Sprachkenntnisse bedauert. Hier hätte man ja nicht mal lauschen müssen, um rauszubekommen, über was oder wen die Frauen da reden. Zu meiner Überraschung musste ich im nächsten Tunnel feststellen, dass das Phänomen der ungehinderten Schall­ausbreitung auch bei Männern auftritt. Bei einem ordentlichen Rülpser oder Furz werfen sich sicher alle auf den Boden, weil sie denken, es wird geschossen.

Als erstmals das in einer Bucht liegende Málaga (fast) in voller Breite zu sehen war, tauchte am rechten Bildrand ein hoch aufragendes blaues Ungetüm mit zwei senkrechten, gelben Röhren auf. Ich dachte erst, das wäre ein Aquapark mit zwei ultimativen Senkrechtrutschen, aber beim Näherkommen zeigte sich, dass es sich um den Siloturm einer Zementfabrik handelt.

Gegenüber habe ich auf einer Klippe stehend erstmals eine Anglerin gesehen, Männer stehen in größerer Anzahl mit der Angel am Wasser. Ich habe einen Moment zugeschaut und darauf gelauert, dass sie ins Meer gerissen wird, aber das hat der Wurm am Haken nicht geschafft.

In El Chanquete konnte ich vom Fußweg entlang der Straße auf die Uferpromenade wechseln. Da war man ganz eifrig dabei, die Terrassen mit Tischen und Stühlen zu bestücken. Und an den Fischräucher-Ständen am Strand haben die Grillprofis gerade die Metallschiffen nachempfundenen Grillplätze mit Brennholz bestückt. Da habe ich direkt mal Appetit auf ein Fischgericht bekommen, aber überall waren die Stühle noch leer und nichts auf dem Grill. Entweder war der Fischer noch nicht zurück oder er hat heute nichts gefangen. Da musste ich mich mit einem so geliebten Tomaten/Olivenöl-Toast und einem Café con Leche trösten.

Obwohl ich gebummelt bin und oft rumgesessen habe, war ich um eins an der Straẞe, die vom Strand zu meiner Herberge führt. Da dort erst ab zwei Check-In ist, habe ich mich nur vergewissert, dass es da wirklich den Berg hoch geht und dass da nette Häuser am Hang kleben. Dann bin ich weiter, um mir schon mal die Stadt anzuschauen und was zu essen.

Wenige hundert Meter weiter standen mehrere Fahrzeuge mit Blaulicht: Feuerwehr, Kranken­wagen und Polizei. Rettungssanitäter und Feuerwehrleute waren gerade dabei, eine schon notversorgte Frau durch die Heckklappe aus ihrem vorn völlig verbeulten Auto zu holen. Das war offenbar mit höherer Geschwindigkeit gegen eine Palme gedonnert. Der Treffer auf die Palme erfolgte allerdings nicht an der Straße, sondern auf der Strandpromenade! Da fühlt man sich ja wie auf dem Weihnachtsmarkt. Wie die Frau mit ihrem Auto auf die Promenade gekommen ist, weiß ich nicht. Es kann aber keinesfalls versehentlich gewesen sein, denn Straße und Strandpromenade sind durch besagte Palmen und eine unversehrte Hecke getrennt …

Man lebt gefährlich. An der Landstraße achte ich immer ängstlich auf den Gegenverkehr, aber auf der Strandpromenade hatte ich bisher nur Sorge, dass ich von einem Radfahrer angefahren oder von einem Hund angepinkelt werde. Der lokalen Presse zufolge war das heute mittag ein Unfall. Die Frau wäre versehentlich auf die Promenade gelangt. Wo und wie, kann die Reporterin von „diariosur“ aber auch nicht sagen.

Ich bin vom Unfallort die Promenade weiter bis zum Hafen gelaufen, wo als erstes eine riesige Yacht ins Auge stach. Diese 100-Meter-Yacht „Dynasty“ hat sich ein kasachischer Großkotz in Deutschland bauen lassen, weil ihm seine 59-Meter-Yacht zu mickerig vorkam. Immerhin finden da bis zu 22 Passagiere in 11 noblen Suiten Platz - zuzüglich 30 Mann Personal. Auf der anderen Seite des Hafenbeckens lag die Balearia-Fähre „Rusadir“, die zugegebenermaßen etwas größer ist, dafür aber 1670 Passagiere zuzüglich 650 PKW fasst. Außerdem lag im Hafenbecken ein gewaltiger dänischer Dreimaster.

Aus den Fast Food-Restaurants am Hafenbecken bzw. von der halb überdachten Promenade gab es also einiges zu sehen. Bei KFC habe ich hier eine sehr leckeres Menü (Burger mit einem richtigem Stück Huhn, rustikale Fritten und ein Getränk) für 3 € entdeckt, das ich mir gleich noch ein zweites Mal bestellt habe. Länger wollte ich meinen Aufenthalt aber nicht ausdehnen, weil ich mich noch etwas umschauen wollte.

In der nicht weit entfernten Kathedrale, welche „die einarmige Dame“ genannt wird, weil der zweite Turm aus Kostengründen weggelassen wurde, habe ich eine ganze Weile zugebracht. Der fehlt zwar die Pracht anderer Kathedralen, aber sehr sehenswert waren der mit vielen ge-schnitzten Figuren bestückte Chor und die mit plastischen Ornamenten versehene Decke. Jakobus habe ich nur im Chor entdeckt, meinen verehrten Rochus außerdem auf einem Seitenaltar.

Eine Tafel an der Kathedrale hat darauf verwiesen, dass an der nicht weit entfernten St. Jakobus-Kirche der mozarabische Jakobsweg beginnt. Da bin ich natürlich gleich hin, aber die Kirche war verschlossen und draußen deutete abgesehen von Muscheln am Portal nichts auf den Jakobsweg hin, also kein „km 0“-Schild oder so was. Aber wenn ich den Weg mal in Angriff nehme, weiß ich wenigstens, wo ich loslaufen muss.

Auf dem Stadtplan habe ich gesehen, dass die maurische Festung „Alcazaba“ nicht weit entfernt ist. Da bin ich hin gelaufen und habe mir ein Kombiticket für diese und die noch viel höher gelegene Festung „Gibralfaro“ gekauft, ohne vorher auf die Uhr zu schauen. Es war nämlich schon nach halb fünf und beide Festungen machen um 18 Uhr zu; letzter Einlass ist um 17.15 Uhr. In der Alcazaba gab es „zum Glück“ nicht viel zu sehen. Da war ich nach zwanzig Minuten mit meinem Rundgang fertig. Dann bin ich eiligen Schrittes und immer noch mit dem Rucksack auf dem Rücken den Berg hoch zu der auf 130 Metern gelegenen anderen Festung. Durchgeschwitzt und hechelnd bin ich da kurz nach viertel sechs ange­kommen und zum Glück noch eingelassen worden. Die Zeit bis um sechs habe ich dann wirklich gebraucht, um bei der recht großen Festung die Wehrgänge auf allen Mauern abzulaufen und die Stadt von dort oben zu inspizieren.

Zum Glück konnte man auf der gegenüber liegenden Seite des Berges runterlaufen, denn so bin ich ziemlich direkt zu meiner Unterkunft gelangt. Um die 70-Stufen-Treppe dort hoch nicht mehrfach nehmen zu müssen, bin ich zuvor noch in den nächstgelegenen Supermarkt, um mich fürs Abendbrot einzudecken. Als ich dann endlich in der Herberge am Tresen stand, war es um sieben und schon dunkel. Mit der Dachterrasse konnte ich da nicht mehr viel anfangen. Aber ich habe da trotzdem noch eine Weile mit einer Büchse einheimischen „Victoria“-Bieres gesessen, bevor ich mir in der ganz gut ausgestatteten Küche was zu essen gemacht habe. Nun werde ich mich in mein Bett auf unterstem Niveau begeben - mein Betteln war also nicht vergebens.

Costa del Sol - Tag 7