Unterwegs an der Costa del Sol von Almeria nach Gibraltar
Tag 10 (So, 19.1.2025) Von Marbella nach Estepona / 30,7 km
Mit laufendem Ventilator und eingeschalteter Miniheizung habe ich in meinem Affen-Zimmer („Monkey Room“) ganz gut geschlafen, auch wenn es etwas wärmer hätte sein können. Ein Laken und die dünne Tagesdecke drüber sind doch etwas wenig. Ich war aber auch zu faul, meinen bislang unbenutzt gebliebenen Schlafsack raus zu kramen.

Ich habe etwas länger geschlafen, gut gefrühstückt und beim Einpacken getrödelt. So war es schon um neun, als ich losgezogen bin. Ich bin, wie vom Routenplaner vorgeschlagen, zur N-340 (hier „Boulevard del Príncipe Alfonso de Hohenlohe“) gelaufen, die sich quer durch Marbella zieht, und auf dieser aus der Stadt raus. Üblicherweise ist es ja so, dass es beidseits einer solchen Straße immer unansehnlicher wird, je weiter man aus der Stadt rauskommt. Hier ist das umgekehrt. Da werden die Hotels, Häuser, Geschäfte und Gaststätten immer nobler und man ist bald umgeben von lauter Sternen (vier bis fünf je Hotel), Designerläden und Maklerbüros. Vielleicht ist das dem Prinz Alfonso von Hohenlohe zu verdanken, den ich erst für einen tapferen Krieger gehalten habe, bis mich Wikipedia aufgeklärt hat, dass der eher mit Rolf Eden zu vergleichen ist.

Zwischendurch stand da etwas erhöht eine weithin weiß strahlende Moschee. Wohl wissend, dass in der kein Sonntagsgottesdienst ist, bin ich den Hang hochgeklettert, um sie mir wenigstens von außen näher anzusehen. Die schaute nicht aus, als wär‘ sie für die marokkanischen Hafenarbeiter gebaut worden.

An der „Calle Coral Beach“, die beidseits mit exklusiven Apartment-häusern bebaut ist, bin ich runter zum Strand und dort dann weiter in Richtung Westen gelaufen. Einem ent­sprechenden Hinweis folgend, habe ich einen Abstecher zu einem ausgegrabenen und nun unter einem Hallendach präsentierten römischen Haus aus dem 2. Jahrhundert gemacht. Da waren zwar nur die Fußböden und ein paar kleine Mauerreste zu sehen, aber die Deko­rationen auf den Mosaikfußböden waren interessant, weil es sich da nicht um Kriegerköpfe, sondern um Lebensmittel und Haushaltsgeräte handelte. Außerdem war es unter dem Schatten spendenden Hallendach angenehm kühl, was ich gleich für eine kleine Pause genutzt habe. Bänke gibt es ja an den Strandpromenaden viele, aber die stehen alle in der prallen Sonne und sind damit für mich nicht einladend.

Weiter ging es auf der Promenade und auf einem „Holzweg“ über den Rio Verde und vorbei an einem Yachthafen. Auf der Karte war gar nicht zu erkennen, dass es da richtig städtisch zugeht, inklusive einem riesigen unterirdischen Parkhaus. Die Hauptstraße ist da, warum auch immer, nach Julio Iglesias benannt, obwohl der noch gar nicht richtig tot ist.

Als dann hinter San Pedro Alcántara der befestigte Weg aufhörte, bin ich in die Urbanisation „Guadalmina Baja“ abgebogen, wo sich teure Villen hinter hohen Mauern verbergen. Hier ist das Geld zuhause. Und die Straßen sind so angelegt, dass jeder Durchgangsverkehr ausgeschlossen ist. Selbst als Fußgänger hatte ich Mühe, auf die N-340 zu kommen. Inzwischen gelüstete mich nämlich nach etwas zu Essen und an der Schnellstraße habe ich mir ein Restaurant erhofft, wo das Essen wieder schnell und preiswert von statten geht. Sowas gab es dort auch, sogar reichlich - aber auf der anderen Straßenseite. Ich habe mich lange geweigert, deswegen auf einer der Brücken die Straße zu queren und bis zu einem gesehenen Restaurant zurückzulaufen. Als dann aber mal eine Brücke direkt zu einem Hongkong-Chinesen führte, bin ich rüber und habe da wieder was Leckeres bekommen, diesmal gebratene Nudeln nach „Singapur“-Art. Die Kellnerin hat mich gewarnt, dass es scharf sei, aber es ging und war wie erwartet sehr schmackhaft.

In Saladillo Benamara bin ich wieder zurück ans Wasser und ab da immer dicht am Strand in Richtung Estepona gelaufen. Der Affenfelsen von Gibraltar war jetzt richtig gut zu erkennen, am Vormittag war er gar nicht auszumachen und auch abends war er nicht besser zu sehen, obwohl ich dann ja ein Stückchen näher dran war. Außerdem war später am Tag die Perspektive so, dass man die Straße von Gibraltar gar nicht mehr erkennen konnte, weil zwischen dem Affenfelsen und seinem afrikanischen Pendant die marokkanische Küste zu sehen war. Nun hätte man rechts vom Felsen die Durchfahrt vermutet, aber da ist La Línea de la Conceptión. Der Ort liegt nur knapp über dem Meeresspiegel und hat keine richtig hohen Häuser, weshalb er auf diese Entfernung hinterm Horizont verschwindet. Die Erde ist halt doch keine Scheibe.

Herakles hat das noch anders gesehen und über der Straße von Gibraltar mit dem Schriftzug „Nicht mehr weiter“ das Ende der Welt markiert. Auf Lateinisch heißt das „Non plus ultra“, das hat man schon mal gehört. Die Spanier haben dann nach der Entdeckung Amerikas diesen Spruch unter Weglassung des „Non“ zusammen mit den „Säulen des Herakles“ (wie die Berge beidseits der Straße von Gibraltar genannt werden) in ihr Wappen aufgenommen und das findet sich nun auf deren Fahne - und so auch auf den Fußball-Trikots. Das habe ich alles bei Wikipedia gelernt.

In Estepona angekommen, war genau die Zeit des Sonnenuntergangs und ich habe in der Herberge Bescheid gesagt, dass ich doch nicht um sechs, sondern eine Stunde später da sein werde, weil ich mir noch vom Strand aus den Sonnenuntergang anschauen will. Aber der ist letztlich ausgefallen. Ich hatte gehofft, ein paar spektakuläre Binder vom Affenfelsen im Licht der untergehenden Sonne machen zu können, aber statt diesem Licht kam die Dunkelheit. Als Trost konnte ich noch ein paar Bilder von den abends beleuchteten Palmen am Rand der Strandpromenade machen. Dabei muss man sich immer vor Augen halten, wie lang diese Promenaden sind. Die reichen von einem Stadtrand zum andern und bei dieser gibt es auf der ganzen Länge Sitzgelegenheiten mit pilzförmigen Schattenspendern darüber (die ich mir am Tage gewünscht hätte), Hochbeete mit Palmen, Kakteen etc., dazwischen Spielplätze und Restaurants. Einfach toll. Die Gassen, die ich auf dem Weg zur Herberge gesehen habe, waren auch alle ganz nett dekoriert und das kleine Castillo mittendrin hat man eindrucksvoll beleuchtet.

Meine Herberge „Veranera Hostel“ ist die beste Unterkunft, die ich auf dieser Reise hatte. Hier gibt es wieder die von mir gern angenommenen „Schlafboxen“ mit Vorhang und innen mit Regal, Steckdose und Licht. Zu den oberen Boxen gibt es richtige Treppen statt Leitern, da hätte ich gar nicht wegen einem unteren Bett betteln brauchen. Zu unserem 8-Bett-Zimmer gehören drei Bäder - eins direkt vom Zimmer zugänglich und zwei auf dem Flur. Der Innenhof ist wirklich mal ein solcher und mit Pflanzen vollgestellt. Auf dem Dach gibt es eine sehr schöne Terrasse, sogar mit Bar. Die Küche ist groß und mit allem Denkbaren ausgestattet. Im angrenzenden Speiseraum sind zwei Tische mit Stühlen und an der Wand noch welche mit Barhockern. Jeder hat eine schon mit Namen versehene Box für Lebensmittel und außerdem stehen zwei große Kühlschränke zur Verfügung. Es gibt einen Fernsehraum und auf dem Flur Sitzgelegenheiten, Tische mit USB, bestückte Bücherregale etc. Und alles ist tadellos sauber, die (nicht knarrende) Zimmertür kann man per Chip öffnen, das Zimmer hat zwei Fenster zum Patio und ist trotzdem warm, das Bettzeug ist herrlich weich und so weiter und so fort. Prima. Da ist gut zu verstehen, dass offenbar einige der überwiegend jungen Gäste länger hier bleiben. Ich habe 27 € bezahlt, vor drei Wochen hätte ich das Bett ohne Stornomöglichkeit sogar für 23 € bekommen. Dieses Preis-/Leistungs­verhältnis ist nur schwer zu toppen.

Costa del Sol - Tag 10