![]() |
Unterwegs von Madrid nach Santiago de Compostela | ![]() |
Tag 2 (Do, 28.8.2025) - Von Tres Cantos nach Manzanares / 28,2 km
Zu gestern wäre noch nachzutragen, dass ich nachmittags noch in der Stadt (Tres Cantos) war, um mich ein wenig umzusehen und einzukaufen. Auf einem lt. Übersetzungsprogramm „schmutzigen Weg“ ging es bis zum etwas überdimensionierten „Eurostars Hotel“ und dann am Bahnhof unter den Gleisen hindurch in die östlich der Bahnlinie gelegene Stadt. Diese ist ab 1980 „auf der grünen Wiese“, also mitten in der Steppe errichtet worden. 1982 sind die ersten Leute eingezogen, jetzt hat sie 53.000 Einwohner. Die Wohngebiete sehen recht ansprechend aus und sind durch breite Alleen und Parkanlagen getrennt. Die Stadt macht also einen recht einladenden Eindruck, ist aber keine reine Schlafstadt, obwohl man von hier mit der Bahn und verschiedenen Buslinien sehr schnell nach Madrid kommt. Hier sind alle möglichen High-Tech-Unternehmen wie Siemens und Airbus angesiedelt und zwar nicht nur am Stadtrand, sondern auch zwischen den Wohngebieten wie z.B. ein zu Fuß vom Bahnhof leicht zu erreichender Innovationspark mit angrenzenden Wohnhäusern. Dazwischen liegt der u.a. wegen freiem WLAN bei mir beliebte McDonald. Da ich davon ausgegangen bin, dass es in der Flüchtlingsunterkunft kein Internet gibt, habe ich dort die vielen schönen Bilder heruntergeladen, welche die Familie in Laufe des Tages geschickt hat.
Wir hatten uns gestern darauf geeinigt, gegen sechs aufzustehen. Pünktlich um sechs hat Sandro nach kurzer Rücksprache mit seinen noch schlummernden Artgenossen das Flutlicht eingeschaltet und die Packerei ging los. Da sich alle kurzgefasst haben, hat es nicht mal eine Prügelei vor der Klotür gegeben. In Anbetracht der optischen Eindrücke vom Vorabend wollte ich eigentlich auf das Frühstücksangebot verzichten. Da sich aber die Italiener getraut haben, in der Mikrowelle einen löslichen Kaffee aufzubrühen, habe ich mich auch noch dazu aufgerafft. Dann bin ich mit Sandro und Margit (die im Übrigen fließend Deutsch spricht) losgezogen. Der Koreaner war da schon in der Spur. Sandro ist aber nach ein paar Metern aufgefallen, dass er seine Skistöcke vergessen hat. Er ist zurück, Margit hat gewartet und ich bin weiter. Kurz vor Colmenar Viejo, wo ich auf einer gut platzierten Bank Pause gemacht habe, haben sie mich dann eingeholt. Wir haben also etwa die gleiche Geschwindigkeit.
Wie in Madrid ist man auch in Tres Cantos auf einem Schlag raus aus der Stadt und in der mit wenigen Bäumen bestandenen Steppe. Hier ist es ein großer, von vielen kleinen Bächen durchzogener Kessel. Die Bäche sind alle nur in Furten zu überwinden. Als Querungshilfe hat man freundlicherweise auf einer Seite jeder Furt eine Reihe Steine einbetoniert, aber leider nicht wie an der Via de la Plata große Betonblöcke, bei denen man leicht von einem zum anderen springen kann. Bei den hier benutzen Steinen passt nur selten mehr als ein Fuß rauf und mitunter sind ausgerechnet an der tiefsten Stelle die Steine so glatt, dass man wahrscheinlich nicht drauf stehen kann, oder es klafft gar in der Mitte eine richtige „Zahnlücke“. Da ist es zumindest ohne einen stabilen Stock in der Hand kaum möglich, trocken rüberzukommen. Aber das ist momentan eh nur Theorie, denn alle Bäche sind ohne Wasser und damit alle Furten trocken.
Nett anzusehen waren die vielen kleinen Kaninchen, die ohne allzu große Furcht über den Weg hoppelten - alle hellgrau und mit einem weißen Stummelschwanz.
In Colmenar Vieja führt der Jakobsweg an der mitten im Ort gelegenen Kirche vorbei - so, wie ich das eigentlich generell erwarten würde. Die Kirche, deren Apsis gerade außen eingerüstet ist, hatte einladend alle Türen geöffnet, so dass es dadurch drinnen kühl war und überhaupt nicht muffig roch, wie das manchmal in solchen alten Gebäuden der Fall ist. Hinterm Altar fand sich ein großes, reich mit Figuren versehenes Retabel, das bis ins Gewölbe reichte. Das war leider unbeleuchtet und daher kaum zu deuten. Da es kurz vor zehn war und die Kirche sich langsam füllte, habe ich noch den Anfang des Gottesdienstes abgewartet, da dann sicher das Licht eingeschaltet wird. So war es dann auch, aber leider war der Pfarrer nicht ganz pünktlich und ich habe schon ganz schön getrampelt, weil ich weiter wollte, bevor es noch wärmer wird.
Hinter dem Ort war ich gleich wieder in der von einzelnen Bäumen bestandenen „Steppe“. Der Unterschied zum Abschnitt vor dem Ort war nun aber, dass der Weg sehr felsig war und stets bergauf und -ab führte. Ein Ideales Trainingsgelände für Mountainbiker, von denen hier einige unterwegs waren. Es gab da aber Passagen, bei denen selbst die härtesten Biker geschoben haben. Für einen Fußgänger war es da auch nicht einfach, vorwärts zu kommen, da man stets große Felsbrocken erklimmen oder mehr rutschend als laufend wieder verlassen musste. Aber es hat Spaß gemacht und war abwechslungsreich.
Wieder auf einem Plateau in ca. 1000 m Höhe angekommen, ging es auf einen glatt gewalzten Schotterweg weiter. Den hat man vermutlich als Brandschneise extra breit angelegt und mit einem Bankett versehen. Da habe ich 2…300 Meter vor mir die Italiener entdeckt, die wahrscheinlich zwischenzeitlich Pause gemacht haben. Ich habe sie mit normalem Schrittmaß nicht eingeholt, mich aber auch nicht gemüht, weil ich mir sicher war, dass ich sie in Manzanares el Real in der ersten Kneipe treffen werde. Und so war es auch. Als ich nach einen steilen Abstieg mit viel losem Gestein auf dem Weg unten in dem malerisch an einem Stausee gelegenen Ort ankam, leuchtete mir schon Margits hellblaue Jacke aus dem ersten Gartenrestaurant entgegen. Ich habe mich zu ihnen gesetzt, aber die waren eigentlich schon fertig und im Aufbruch. Wir haben unser Erzählen auf den Abend verschoben, denn da haben wir zusammen mit Koo das gleiche Quartier: eine auf Bildern sehr nett aussehende Gartenlaube - mit Halbpension und auf Spendenbasis.
Zum Glück hatten wir gestern Abend über unsere Übernachtungspläne gesprochen. Sandro hat mich dabei darauf hingewiesen, dass diese Herberge auch nur vier Betten hat und dass man sich lt. Gronze unbedingt vorher anmelden soll. Das habe ich gleich per WhatsApp gemacht und zum Glück auch eine Zusage bekommen. Zugleich kam das Angebot, mich im Ort abzuholen, wenn ich mich beim Eintreffen melde. Das Quartier liegt nämlich knapp 2 km vom Zentrum entfernt fast in der letzten Ecke eines Wohngebietes, das sich den Berg hoch zieht.
Nun fühlte ich mich aber noch einigermaßen fit und ich wollte auch keine Umstände bereiten. Also habe ich geschrieben, dass mich niemand abholen braucht und dass ich gelaufen komme, nachdem ich mich noch etwas umgesehen habe und (wenn möglich) die Burg besichtigt habe. Die steht mitten im Ort und sieht so richtig schön nach Ritterburg aus. Vorn ist sie noch gut erhalten oder hervorragend restauriert, hinten sieht sie doch schon etwas nach Ruine aus. Wie befürchtet war sie aber nicht zugänglich, nicht mal von außen, da sie mit einem Zaun abgesperrt war. Auf einem Zettel stand, dass die Burg „vorübergehend“ geschlossen ist und man sich bemüht, sie bald wieder zugänglich zu machen. Kein Grund, kein Datum …
Also bin ich einmal um den Zaun gelaufen, um wenigstens ein paar Bilder aus der Ferne zu machen. Da ruft mir doch eine Dame aus einem vorbeifahrenden Auto „Benedikt“ zu und zeigt mir, dass ich ihr zur nächsten Parklücke folgen soll. Das war die Wirtin unserer heutigen Herberge, die unterwegs war, um Koo abzuholen. Die wollte mich gleich mit einsacken. Da ich im Dia-Markt noch was zu trinken kaufen wollte, hat sie sogar so lange gewartet und ist dann mit uns beiden zu ihrer Herberge gefahren.
|
![]() |
Von Madrid nach Santiago de Compostela - Tag 2 | ![]() |