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Unterwegs auf dem Camino Primitivo von Oviedo nach Santiago de Compostela | ![]() |
Tag 10 (Mi, 11.9.2024) Lugo - As Seixas / 32,6 km
Hier sieht man in den Orten neben den Recycling-Tonnen für Plaste/Metall und Papier meist auch Container, in denen altes Frittieröl in Plasteflaschen gesammelt wird. Ich vermute, dass der Koch, der mir gestern das Mixte-Toast bereitet hat, einen solchen Container geplündert hat und nun bis zum Erreichen des Rentenalters mit dem Altöl brät. Ich habe nämlich nachts innere Beschwerden gehabt, die bei der spärlichen Nahrungsaufnahme eigentlich nur von diesem Toast stammen können, höchstens noch von den Erdnüssen, die ranzig geschmeckt haben. Abgesehen von mehreren vergeblichen, Toastbrot-bedingten Toilettengängen habe ich prima geschlafen, obwohl in einigen Betten ordentlich gesägt wurde und einige Kneipengänger erst nachts um zwei zurückkamen. Die müssen Helfer in der Herberge gehabt haben, denn die Tür wurde pünktlich um zehn geschlossen und ließ sich dann nur noch von innen öffnen. Aber die Kneipengänger haben sich halbwegs ruhig verhalten und keinen sicht- oder riechbaren Schaden hinterlassen.
Unter den Schlafgästen war übrigens auch der Kotzbruder, der aber ganz brav und nüchtern noch vor mir ins Bett gegangen ist. Auch die restlichen Mitbewohner waren mir fast alle bekannt, darunter vier der vermeintlichen Abiturienten, die mir seit Torino täglich begegnen, Niels und Maxi, Zoe und Ines, sowie der Franzose und der malende Australier aus der letzten Unterkunft. Bis halb sieben war Ruhe im Schlafsaal, dann klingelten diverse Wecker der Kneipengänger, von denen aber keiner das Verlangen hatte, aufzustehen. Eine viertel Stunde später hat sich dann die nüchterne Mehrheit ans Packen gemacht. Ich habe mir danach noch die Zeit genommen, die gestern erworbenen Burger-Brötchen mit Käse bzw. Schinken zu belegen und als morgendliche Stärkung zu mir zu nehmen. Um halb acht bin ich dann raus in die von Laternen verdrängte Finsternis. Auf dem Weg runter zur Römerbrücke lief vor mir ein junger Priester im schwarzen Talar, der beim Morgengebet mit dem Smartphone sein Brevierbüchlein ausleuchtete. An der vom blechernen Römer bewachten Brücke habe ich ihm aufgelauert und vermeintlich heimlich ein Bild von ihm geschossen. Er hat das aber mitbekommen und fand das nicht so gut. Ich kann dazu nur sagen, dass er sich offenbar beim Brevier-Lesen nicht richtig konzentriert hat, sonst hätte er mich nicht bemerkt. Hinter der Brücke ging es lange und unerwartet steil bergauf und dann lange Zeit auf einer Landstraße ohne Seitenstreifen vorwärts. Das ist hier eigentlich ungewöhnlich, war aber kein Problem, da die Kraftfahrer, die wiederholt durch Schilder auf die Pilger aufmerksam gemacht wurden, sich sehr vorbildlich verhalten haben. Als der Weg mal von der Straße wegführte, ging es gleich wieder auf und ab. Das waren zwar immer keine riesigen Höhenunterschiede, aber wenn man ein paar Mal hintereinander 50…100 Höhenmeter überwunden hat, dann merkt man das auch in den Beinen. Außer schöner Landschaft, die sich nicht so sehr von der in unseren Mittelgebirgen unterscheidet, gab es heute nicht viel zu sehen. Ein paar sich sehr ähnelnde Dorfkirchen, die wieder alle verschlossen waren, und leider viele verlassene und teilweise schon eingefallene Häuser. Abgesehen von ein paar einzelnen Gehöften gab es kaum Siedlungen am Weg. Zwei der kleinen Siedlungen hatten gleich mehrere Herbergen zu bieten: San Romao, ca. 20 km hinter Lugo, und Ferreira nach etwa 27 km. Dort ist die Mehrzahl der heute in Lugo aufgebrochenen Pilger abgestiegen. Ich bin noch 6 km weiter bis As Seixas, wo ich in der sehr noblen kommunalen Herberge eingecheckt habe. Es ist ein altes, aus Felsbrocken errichtetes Haus, das durch Anbauten mit viel Glas und Beton ergänzt wurde. Als ich da um fünf ankam, waren erst vier der 34 Betten belegt. Es ist wieder eine Herberge, in der man nicht vorbuchen kann … Auf dem Weg bin ich wiederholt auf zwei Mitarbeiter der galicischen Wegeverwaltung gestoßen, welche die Markierungssteine freigeschnitten und gesäubert haben und bei Bedarf auch mal in den Weg ragende Äste entfernten. Das ist sehr löblich, denn bei uns wird zwar mitunter aufwändig ausgeschildert, aber dann alles dem Verfall preisgegeben, da es nur für die Einrichtung, aber nicht für die Pflege von Beschilderungen Fördermittel gibt. Die Taverne in San Romao war mal ein unschönes Beispiel an Gastfreundschaft. Da das die erste Gaststätte nach vielen Kilometern ist, war sie sehr gut besucht. Drinnen gab es drei Tische und auf einem stand ein Schild „reserviert“. Immer wenn sich da jemand hingesetzt hat, kam der Wirt aus der Küche und hat ihn verjagt. Völlig unnötig, da kein Pilger länger als 5…10 Minuten Platz genommen hat und niemand zu sehen war, für den die Reservierung hätte sein können. Die in Galicien eigentlich übliche kleine Beilage zum Bier oder Wein haben auch nur die drei Einheimischen bekommen, die an der Theke rumlungerten. Man geht wohl davon aus, dass dort jeder Pilger nur einmal vorbeikommt und deshalb keiner besonderen Aufmerksamkeit bedarf. Das ist schade, aber zum Glück nicht allgemein üblich. In As Seixas gibt es dicht beieinander zwei Herbergen. Die kommunale, in der ich eingecheckt habe, und gleich nebenan, praktisch im gleichen Haus, eine private, die etwas mehr Komfort zu bieten hat. Dort gibt es auch was zu essen, angeblich nicht nur für die dort Wohnenden. Ich bin aber zum Essen in die 150 Meter entfernte reguläre Gaststätte, die sehr schick in einem alten Gemäuer eingerichtet ist. Als ich kam, saß da nur Iron aus Florida, mit dem ich mich eine Weile unterhalten habe. Er ist in den letzten 41 Tagen den Camino del Norte gelaufen und dann von Santiago mit dem Bus zurück nach Villaviciosa, von wo er nach Oviedo und dann weiter auf dem Camino Primitivo gegangen ist. Am Samstag will er wieder in Santiago sein. Dann sind immer noch drei Tage übrig. Ich konnte ihm da ein paar Tipps geben, wie man die sinnvoll verbringen kann, zum Beispiel auf dem Camino Inglés. Ich habe mir in der Gaststätte für 13 € ein Tagesmenü kommen lassen, das ganz gut war, aber auch nicht so, dass man deswegen den „Michelin“ neu auflegen muss: Linsensuppe und gedünstetes Kalbfleisch. Dazu ein Glas (!) Rotwein und Nachtisch oder (!) Kaffee. Hier fehlt es an Konkurrenz. Ich fühle mich auch nicht übersättigt. Eigentlich ist jetzt, um neun, eine gute Zeit, Schlafen zu gehen. Das werde ich nun auch machen und im Bett überlegen, wie weit ich morgen laufe. |
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Camino Primitivo - Tag 10 | ![]() |
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